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Archiv-Artikel

Klüngelei bei Architektenpreis

Dörte Gatermann baut nicht nur den LVR-Turm in Deutz. Die Kölnerin saß auch in einer Jury. Die vergab Preise für „das schönste Einzelhandelsgeschäft“. Einer ging an Gatermanns Architektenbüro

von Cord Machens

Gebannt schaut Köln nach Osten, wo der LVR-Turm als Zeichen des Aufbruchs im Rechtsrheinischen Kontur gewinnt. Zuerst dachte sich mancher sicherlich: schön schlank und doch nicht so hoch. Aber das ist nur der Treppenhauskern, das gerundete Hochhaus wird mehr als doppelt so breit und noch um 30 auf insgesamt 103 Meter Höhe wachsen. Ob es dann noch immer elegant wirkt und nicht einige Blicke von Deutz in die Kölner Innenstadt zustellt, kümmerte zumindest Alice Schwarzer nicht, als sie in der diesjährigen Januar-Ausgabe von Emma das Hochhaus lobte.

Denn der Architekt ist eine Architektin: Dörte Gatermann. Sie hat auch Schwarzers Bayenturm umgebaut, der heute als Frauenmediaturm das „Feministische Archiv“ beherbergt. Sie sei die erste Frau, die in Deutschland ein Hochhaus baut und ein Teil der Debatte um das Gebäude sei wohl auch ihrem Geschlecht zuzuschreiben, meint Schwarzer. Doch zum Glück hat sie einen Mann an ihrer Seite, den Architekten und Vater ihrer Kinder, Elmar Schossig. Denn im Baugewerbe geht es immer um viel Geld. „Da haben meist Männer zu bestimmen“, so Schwarzer. „Da geht es auch um Gekungel. Zwischen Männern.“

Da hat Alice Schwarzer Recht. Dabei konnte sie noch nicht wissen, wie schnell Dörte Gatermann dazugelernt hat. Ende vergangenen Jahres lobte das Landesministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport einen Wettbewerb um die besten neuen Einzelhandelsgebäude in NRW aus. Ins Preisgericht berufen wurde auch Professorin Dörte Gatermann (Gatermann + Schossig Architekten BDA, Köln). Und wer bekam vor wenigen Wochen, am 22. April, aus der Hand des nordrhein-westfälischen Ministers Michael Vesper einen der fünf Preise? Die Architekten Gatermann + Schossig.

Ihr Karstadt-Warenhaus in Gütersloh ist ein schwarzer Kasten, dessen einziger Witz weiße Linienmuster auf schwarzen Glasplatten und sichtbare Aluminiumanker sind. Für diese professionell modische Architektur gibt es nun neben dem Preisrichterhonorar auch noch 3.000 Euro Preisgeld und zweifelhaften Ruhm.

„Alles ist fair zugegangen“, versichert Hartmut Welters, dessen Büro den Wettbewerb ausgelobt hatte. Erst vierzehn Tage vor der Jurysitzung habe Frau Gatermann erfahren, dass die Karstadt AG den Gütersloher Bau eingereicht hatte, den sie selber gebaut hat. Sofort habe sie zurücktreten wollen, sei aber überredet worden, zu bleiben. Als über ihr Gebäude abgestimmt wurde, verließ sie den Raum. Man hört, sie habe sich diskret auf die Toilette zurückgezogen.

Das ist anrüchig. Bei jedem simplen Preisausschreiben sind Angehörige von Auslober und Jury von der Teilnahme ausgeschlossen. Preise vergeben und erhalten ist elementarste Gewaltenteilung. Ein bisschen Scham auf dem stillen Örtchen hat dem Veranstalter, der „Initiative StadtBauKultur“, gereicht, anstatt zu bedenken, wie sensibel die Öffentlichkeit bei allen Ansätzen von Geklüngel inzwischen geworden ist.