: Drogenhilfe-Träger gegen Dräger
Einrichtungen der Suchthilfe kritisieren Drogen-Evaluation des Hamburger Senats und befürchten weitere Kürzungen
Von Marco Carini
Lob und Tadel für ein umstrittenes Gutachten. Wenige Tage, nachdem Gesundheitssenator Jörg Dräger (parteilos) den Abschlussbericht zur „Evaluation des Hamburger Suchthilfesystems“ präsentiert hat, nahmen gestern die freien Träger der Drogenhilfe zu dem Papier Stellung. Deren Beurteilung des Berichts fällt durchwachsen aus: Guten, aber nicht immer neuen Anregungen stünden methodische Mängel und gravierende Fehleinschätzungen der Kölner Gutachter gegenüber.
Gelobt wird von den Trägern, dass das Institut „Fogs“ weitere Angebote fordert, um den Suchtkranken effektiver zu helfen. So würden ambulante, betreute Wohnangebote für Süchtige derzeit genauso fehlen wie Maßnahmen, die ehemalige Drogenabhängige fit für den ersten oder zweiten Arbeitsmarkt machen. Auch müssten Kinder und Jugendliche, die mit Drogen experimentieren, erreicht werden, bevor sie in die Sucht abgleiten.
„All das fordern wir schon lange“, erklärt Kai Wiese von „Jugend hilft Jugend“. Doch sei die Umsetzung stets an den leeren Senatskassen gescheitert. So gebe es „keine Fördertöpfe zur Integration von Ex-Süchtigen in den ersten Arbeitsmarkt“, beklagt Dieter Adamski von Therapiehilfe e. V. Deshalb sehen die Suchthilfeeinrichtungen in diesen Ergebnissen der Studie eine Bestätigung ihrer Positionen.
Kritik üben die Träger daran, dass die Gutachter immer wieder Zahlen und Einrichtungen miteinander vergleichen, die völlig unterschiedliche konzeptionelle Grundlagen aufweisen, und dadurch zu dem Schluss kommen, die psychosoziale Betreuung Drogenabhängiger in Hamburg sei im Vergleich zu anderen Städten zu teuer. „Da werden auf Grundlage unzutreffender Fakten falsche Schlüsse gezogen“, klagt Adamski.
Die Forderung der Gutachter, mehr Suchthilfemaßnahmen über die Krankenkassen abzurechnen, halten die Drogenhilfe-Träger für allenfalls „blauäugig“. Schon seit Jahren scheiterten alle Hamburger Gesundheitssenatoren regelmäßig bei dem Versuch, die Therapiekosten auf die Kassen abzuwälzen. „Ärzte und Therapeuten öffnen sich nicht unserem Klientel, weil sie diese Leistungen nicht mit den Kassen abrechnen können“, beschreibt Christine Tügel (Jugendhilfe e. V.) das Problem. Dass die Kassen in Zeiten reformbedingter Leistungseinschränkungen stärker in die Finanzierung von Suchttherapien einsteigen würden, sei deshalb nahezu ausgeschlossen.
Die Träger haben die Sorge, dass der Senat die Evaluation ausschießlich dazu nutzt, um beschlossene Einsparungen in der Drogenhilfe durchzusetzen. „Wenn man alle Forderungen des Berichts umsetzt, führt das aber zu einer Verdoppelung des Etats“, haben die Träger errechnet. Außerdem fürchtet Wiese: „Die Einrichtung neuer Angebote führt unter dem Sparzwang nur dazu, dass die Standardversorgung zusammengestrichen wird.“