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Archiv-Artikel

Private Therapie für Vivantes

Der Krankenhausbetreiber Rhön AG will 200 Millionen Euro in den maroden Klinikkonzern stecken und vom Land die Mehrheit der Anteile übernehmen. Senatsverwaltungen wollen „gründlich prüfen“

VON SABINE AM ORDE

Die Rhön-Klinikum AG will den angeschlagenen landeseigenen Krankenhauskonzern Vivantes übernehmen. Eine entsprechende Absichtserklärung von Deutschlands größtem privaten Klinikbetreiber ist gestern bei Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) eingegangen. Das bestätigte Sarrazins Sprecher Matthias Kolbeck.

Rhön will mindestens 200 Millionen Euro Kapital in Vivantes schießen und im Gegenzug mehr als 50 Prozent der Anteile übernehmen. Berlin soll eine Minderheitsbeteiligung behalten. „Das ist eine Hausnummer, damit fangen wir an“, sagte Rhön-Vorstandschef Eugen Münch gestern auf Anfrage.

Nach dem detaillierten Angebot, das der taz vorliegt, soll Vivantes in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. In dieser soll die Gesundheitsversorgung vollständig neu strukturiert werden. Ziel von Rhön ist außerdem ein Tarifvertrag, der aus dem BAT aussteigt, alle außergesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen aufhebt und Urlaubs- sowie Weihnachtsgeld streicht. Derzeit sind die Beschäftigten von Vivantes vor betriebsbedingten Kündigungen bis 2007 geschützt.

Für ihr Angebot hat sich die Rhön AG einen guten Zeitpunkt ausgesucht. Die Vivantes GmbH, zu der 2001 neun ehemals städtische Kliniken zusammengefasst wurden, steht kurz vor der Insolvenz. Am Mittwoch entscheidet der Aufsichtsrat über ein Sanierungskonzept, das den angeschlagenen Konzern retten soll. Dieses sieht neben zahlreichen strukturellen Maßnahmen – wie der Umwandlung des Klinikums Prenzlauer Berg von einem Krankenhaus in ein ambulantes Gesundheitszentrum – zwei Voraussetzungen vor: Das Land soll Vivantes von seinen Altschulden befreien, also auf die Rückzahlung eines Darlehens von 230 Millionen Euro verzichten. Und die Beschäftigten sollen bis 2007 auf ihr Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten.

Im Senat wollte man sich gestern zu dem Angebot der Rhön AG nicht äußern. „Wir werden das gründlich prüfen“, hieß es unisono in der Finanz- und der Gesundheitsverwaltung. Während Finanzsenator Sarrazin allerdings einer Privatisierung des landeseigenen Unternehmens nicht abgeneigt ist, will Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) Vivantes sanieren.

Unterdessen hat die FDP die beiden Senatoren aufgefordert, am Mittwoch im Vivantes-Aufsichtsrat keine Entscheidung zu treffen, die dem Vorschlag von Rhön im Wege steht. „Zunächst muss das Angebot ernsthaft geprüft werden“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, Martin Matz. Der Liberale fordert seit langem die Privatisierung von Vivantes. Allerdings wollte er die insgesamt neun Kliniken bislang in drei Pakete mit je drei Häusern aufteilen und an unterschiedliche Bieter verkaufen, damit die Trägervielfalt erhalten bleibt. „Es kann sein, das der Vorschlag von Rhön nur die zweitbeste Lösung ist“, sagt Matz.

Auch die Grünen sind einer Privatisierung von Vivantes nicht mehr gänzlich abgeneigt. Zuerst aber müsse das Sanierungskonzept ernsthaft diskutiert werden, so der grüne Vivantes-Experte Oliver Schruoffeneger. „Wenn das nicht trägt und eine Privatisierung unausweichlich ist, dann muss es eine ordentliche Ausschreibung geben.“ Allerdings sei Rhön, so Schruoffeneger weiter, „einer der wenigen potenten Krankenhausträger, die in der Lage wären, Vivantes als Ganzes zu übernehmen“.