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Archiv-Artikel

COMBINO-DEBAKEL: KONZERNE PRODUZIEREN IMMER MEHR AUSSCHUSS Das Versagen der Großen

Jetzt also auch Siemens. Die einst so gepriesene Straßenbahn namens Combino ist wahrscheinlich nicht mehr zu retten – eine heillose Fehlkonstruktion. Doch dieser Riesenflop eines Weltkonzerns ist fatalerweise nicht der einzige in der jüngsten deutschen Wirtschaftsgeschichte. Noch immer verfolgt uns das Drama um DaimlerChrysler und die Deutsche Telekom, die sich mit der Lkw-Maut bis auf die Knochen blamierten. Bis heute weiß niemand, ob das Projekt wenigstens im nächsten Jahr korrekt starten wird.

Ebenfalls noch gut im Gedächtnis ist, wie die gesamte Riege der Telekommunikationsriesen zig Milliarden in den Sand setzte für UMTS-Lizenzen, die – wie man leider erst im Nachhinein erkannte – nahezu wertlos sind. Teuer bezahlte Manager waren schlicht einem Hype aufgesessen, unterstützt von teuren, aber offensichtlich nutzlosen Beratern. Und gestern meldete das Kraftfahrtbundesamt, dass immer häufiger Autos wegen Konstruktionsmängeln zurückgerufen werden; auch hier sind es nicht Hinterhofklitschen, die versagt haben. Fehlschläge dieser Kategorie leistet sich kein Mittelständler. Man stelle sich vor, ein kleines Unternehmen würde eine Verlässlichkeit und ein Geschäftsgebaren à la Toll Collect an den Tag legen, ein Produkt verkaufen der Qualitätsklasse eines Combino oder Geld verschleudern im Stile von UMTS – die Firma könnte dichtmachen. Es sind die Regeln des Kapitalmarktes, die immer häufiger groteske Fehlschläge von Technologiekonzernen produzieren. Wo die Quartalsbilanzen mehr zählen als eine langfristig angelegte seriöse Unternehmensführung, wo Analysten die Geschäftsführung um kurzfristige Kurspflege bedrängen, wo das Management offensichtlich nur noch in Ad-hoc-Mitteilungen denkt – da geht sowohl das Qualitätsbewusstsein den Bach runter als auch die Sensibilität für das Machbare und Sinnvolle. Spätestens mit dem Combino-Debakel stellt sich die Frage, ob Technologiefirmen, die schlichtweg Zeit für Produktentwicklungen brauchen, an der schnelllebigen Börse überhaupt richtig aufgehoben sind.

BERNWARD JANZING