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Archiv-Artikel

Im Nahen Osten herrscht vorsichtige Hoffnung

Die israelische Armee zieht sich aus Bethlehem zurück und stellt die Mobilisierung von Reservisten ein

JERUSALEM taz ■ Wenige Tage nach dem Teilrückzug israelischer Soldaten aus dem Gaza-Streifen steht seit gestern auch die Stadt Bethlehem erneut unter palästinensischer Sicherheitskontrolle. Mahmud Abbas (Abu Masen), der am Dienstag mit seinem israelischen Amtskollegen Ariel Scharon zusammentraf, sprach von einem „wichtigen Schritt in Richtung Frieden“, dem schon bald der Abzug aus „allen anderen palästinensischen Städten, Dörfern und Flüchtlingslagern“ folgen müsse.

Möglich ist, dass Ramallah nächste Station des schrittweisen Truppenrückzugs sein wird. Zum ersten Mal lud Scharon Abu Masen in sein Jerusalemer Büro zu Gesprächen, die von beiden Seiten als ausgesprochen positiv gewertet wurden. „Wir müssen die Zweifel und den Blick zurück überwinden“, meinte Abu Masen und fügte hinzu: „Die Palästinenser verstehen, dass ohne ein Ende des Terrors keine Fortschritte im Friedensprozess erreicht werden können.“ Ein Problem für die Autonomiebehörde sei, dass der Iran weiterhin zu „Terror antreibt und ihn finanziert“. Auch Scharon zeigte sich optimistischer als in den vergangenen Wochen. Er sprach von einer „neuen Chance für eine bessere Zukunft beider Völker, die heute näher scheint als je zuvor“.

Ungeachtet der Tatsache, dass es nach dem Teilrückzug im Gaza-Streifen noch vereinzelte bewaffnete Übergriffe gab, macht sich offenbar auch in der israelischen Armee die Hoffnung breit, dass der neue Nahost-Fahrplan (Roadmap) gelingen könnte. Gegenüber Journalisten sprach ein hoher Offizier bereits von einem „Ende der Intifada“. Die Armee stellte die Mobilisierung von Reservisten ein und kündigte weitere Personalkürzungen an. Verteidigungsminister Schaul Mofas räumt den Palästinensern drei Wochen ein, um ihre Polizei neu zu organisieren. Für die palästinensischen Sicherheitsdienste stellt sich vor allem das Problem, dass ihre Infrastruktur zu großen Teilen zerstört ist. Von ehemals 56 Polizeifahrzeugen sind nur noch vier einsatzbereit. Dazu kommt, dass etwa ein Drittel des früheren Personals bei den Unruhen der letzten zweieinhalb Jahre erschossen oder inhaftiert wurde. Die israelischen Soldaten bleiben entsprechend dem Osloer Abkommen weiter beim Rachel-Grab stationiert, wenige hundert Meter hinter dem Kontrollpunkt.

Abu Masen und Scharon einigten sich ferner über die Einrichtung mehrerer Kooperationskomitees. Neben dem bereits bestehenden Sicherheitskomitee soll es ein Komitee zur Vermeidung der Hetze sowie für Handel und Rechtsberatung geben. Außerdem kündigte die Regierung die Freilassung von 21 Palästinensern an, die aus politischen Gründen inhaftiert sind. Mit Blick auf die Blockade in Ramallah tut sich der israelische Premier indes nach wie vor schwer. Arafat könne nach Gaza reisen, meinte er, „vorausgesetzt, dass er dort bleibt“. Die Reisefreiheit für den Palästinenserpräsidenten ist eine Bedingung der Oppositionsgruppen für den Waffenstillstand. SUSANNE KNAUL