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Archiv-Artikel

„Mehdorn macht Fehler wie alle Chefs“

Ein Image lässt sich leicht verbessern, weiß der Marktpsychologe Gerd Gutjahr. Auch das der Bahn. Er rät derenChef Hartmut Mehdorn, sein Unternehmen nach innen straff zu führen und nach außen smart zu verkaufen

taz: „Fährst du schon oder rechnest du noch?“, persifliert Harald Schmidt und hat die Lacher auf seiner Seite. Die Bahn kam mit ihrem neuen Preissystem nicht an. Warum nicht?

Gerd Gutjahr: Lange bevor die Preisreform kam, wurde landauf, landab debattiert, dass die Bahn nicht rentabel sei. Als dann die neuen Tickets verkauft wurden, mussten die Kunden selbstverständlich denken: Der Konzern will sich retten, die Züge auslasten und vor allem unser Geld kassieren. So stellten sie fest: Der Bahn geht es besser, aber uns schlechter.

Stimmt aber nicht. Mitfahrerrabatte, Plan-&-Spar-Preise, Familien fahren billiger – die Tarifreform war nicht nur schlecht. Warum redeten alle nur von den Nachteilen?

Bahnkunden picken sich immer das Negative heraus, weil sie das auch erwarten. Und dafür bietet das Tarifsystem einigen Anlass. Nehmen Sie die Bahncard. Früher gab es damit 50 Prozent, heute nur noch 25 Rabatt. Für den Kunden heißt das: Die Bahn hat uns die Hälfte weggenommen. Die weiteren Konditionen spielen da keine Rolle mehr. Oder die Sondertarife, die sich zunächst gut anhören. Wer aber genau hinschaut, stellt fest, man muss vierzehn Tage vorher buchen, sich auf Hin- und Rückfahrt festlegen. Wer will denn das heute?

Was hätte die Bahn besser machen können? BMW verspricht „Freude am Fahren“. Hätte Hartmut Mehdorn schlicht verheißen sollen, „Bahnfahren macht Spaß“?

Das hätte nicht gereicht. Allenthalben wird der Spaß zurückgedreht, die wirtschaftliche Lage ist zu ernst. Der Fehler liegt aber gar nicht in der Werbung. Das Problem ist vielmehr: Die Bahn hat ihr Angebot gravierend verändert, ohne es im Markt vorab zu testen. Das ist unprofessionell. Jede Versicherung, jeder Autobauer macht das – um Mängel im Vorfeld abzufedern.

Nun ist der Ruf des Konzerns beschädigt. Welchen Anteil hat daran Bahnchef Hartmut Mehdorn?

Mehdorn macht sicherlich nicht mehr Fehler als andere Chefs. Intern muss er sogar ruppig sein, stramm führen, damit sich der Elefant Bahn überhaupt bewegt. In der Öffentlichkeit aber ist diese Art absolut fehl am Platz. Er sollte sich an Bernd Pischetsrieder von VW ein Beispiel nehmen. Der packt den Wolfsburger Konzern hart an, tritt aber nach außen immer smart auf.

Kann die neue Preisreform das Image der Bahn retten?

Glauben Sie mir, in einem Jahr ist diese Episode vergessen. Dafür reicht schon die Neuauflage der alten Bahncard. Image lässt sich nämlich sehr leicht beeinflussen. Schauen Sie an die Börse: Fällt die Telekom-Aktie, sackt das Image; geht es wieder aufwärts, erstrahlt es in neuem Glanz.

Ihr Marketingtipp für Hartmut Mehdorn in einem Satz?

Die Berater wechseln, weniger an das Unternehmen, dafür mehr an die Kunden denken.

INTERVIEW: HANNA GERSMANN