Berlusconi: Verbalattacke zum Amtsantritt

Schon bei seinem ersten Auftritt als EU-Ratspräsident sorgt Italiens Regierungschef für einen handfesten Eklat

ROM taz ■ Woran Italien mittlerweile gewöhnt ist, das bekommt nun auch Europa zu spüren: Mit wüsten Beleidigungen des SPD-Europaabgeordneten Martin Schulz krönte Silvio Berlusconi gestern seinen ersten Auftritt als EU-Ratspräsident in Straßburg. In der Debatte über Berlusconis Antrittsrede hatte Schulz – neben Vertretern der Liberalen, der Grünen und der Sozialisten – scharfe Kritik am italienischen Ministerpräsidenten geäußert. Im Zentrum stand dabei Berlusconis Umgang mit der Justiz. Darauf rastete Berlusconi aus und trug in seiner Erwiderung Schulz an, er solle doch die Rolle eines Kapos in einem Film über die KZs übernehmen, der gerade in Italien gedreht werde. Schulz entgegnete unter dem Applaus des ganzen Hauses, der Respekt vor den Nazi-Opfern verbiete ihm eine Erwiderung. Daraufhin sah Berlusconi endgültig rot, beschimpfte die sozialistische Fraktion als „Touristen der Demokratie“ und erklärte, er sei beleidigt worden und habe darauf „mit Ironie“ geantwortet. Anders sieht das Parlamentspräsident Cox, der Schulz sein Bedauern wegen der Beleidigung aussprach. Aber auch Berlusconis Regierungspartner, der stellvertretende Ministerpräsident Gianfranco Fini von den Postfaschisten, distanzierte sich scharf; er ließ wissen, er habe Berlusconi mitgeteilt, dass er über dessen Auftritt äußerst ungehalten sei. Als Reaktion auf Berlusconis Verbalattacke ist der italienische Botschafter ins Kanzleramt einberufen worden. MICHAEL BRAUN

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