: berliner szenen KDW statt H & M
Fick dich doch selber
Guten Morgen! Neun Köpfe heben sich, an manchem öffnet sich ein Mund. Hallo. Ich werfe mich schwungvoll an meinen Schreibtisch, sehe aber noch schlechter als sonst. Kaum kann ich die Welt erkennen, trotz Brille. Als mein Chef reinkommt, finde ich Haare in seinem Gesicht, einen ganzen Vollbart sogar, und schaue ihn an. Er kommt auf mich zu und ist wie immer frisch rasiert. Ich dachte, du hättest einen Vollbart. Ach so. Viel mehr sprechen wir nicht miteinander. Jeder sitzt an seinem Schreibtisch und schaut auf einen Computermonitor, auf dem sich irgendwas abbildet, auf meinem viele bunte Bilder aus dem Internet.
Der Chef will mich sprechen. Gekündigt. Die Konjunktur, sagt er und lächelt. Ich surfe zu www.arschloch.de, dann zu www.fickdichdochselber.de und anschließend zu www.trefferversenkt.de. Von da aus werde ich direkt zur Website einer Werbeagentur in Trier weitergeleitet. Und sofort bewerbe ich mich bei der Werbeagentur in Trier, die sich bedankt, aber derzeit niemanden braucht. Zum Glück, denn was will ich in Trier?
Dann gehe ich shoppen. Mit der S-Bahn fahre ich Richtung Schönhauser-Allee-Arkaden und werde beim Fahren ohne Fahrschein erwischt. Das Geld muss weg. Früher hätte mir in solchen Situationen Konsum noch geholfen. Ich hätte einen ganzen Tag verbraucht, um mich wieder glücklich zu kaufen. Heute beruhigt mich nur noch Diebstahl. Rein zu H & M. Zwei T-Shirts, zwei Kinderhosen, Kinderunterwäsche, lange Kinderunterhosen. Ich nehme noch zwei Röcke mit. Zu Hause passen mir beide nicht, einer zu groß, einer zu klein, also ab damit in den Humana-Container. Bei H & M macht’s keinen Spaß mehr. Ich sollte doch mal wieder ins KDW. RIGOLETTI