MIT DER REKLAMEWIRTSCHAFT GEHT ES NICHT MEHR STEIL ABWÄRTS : Werbung in eigener Sache
Es geht voran! Zumindest ein bisschen. Nach dreieinhalb extrem mageren Jahren zeigt die Werbekurve zwar nicht nach oben, aber immerhin auch nicht mehr steil nach unten. Die Verluste haben sich im Vergleich zum Vorjahr halbiert.
Sich mit solchen Ergebnissen zu arrangieren fällt der Werbebranche weiter schwer. War sie doch bis vor kurzem noch ein Club von Sonntagskindern: Wachstumsraten von sechs bis acht Prozent im Jahr schienen dazu angetan, automatisch fortgeschrieben zu werden. Ein Einbruch bis zum Dotcom-Crash 2001 war undenkbar. Entsprechend verhielten sich die Medien, die von Werbung leben: Zeitungen, Privatradios und -fernsehen.
Jetzt macht der Verband der Werbewirtschaft ein „Signal zur Trendwende“ aus. Dabei ist die Grundlage für Reklame aufgrund der weiter lahmenden Konjunktur nach wie vor brüchig – einmal abgesehen vom Einzelhandel mit seinen Rabattschlachten zu Weihnachten und dem aggressiven Wettbewerb der Discounter von Aldi bis Lidl.
Bei den Medien kommt das Wendesignal höchst unterschiedlich an. Der Zeitungsmarkt trägt weiter Schwarz. Ein Einbruch von noch mal fast zehn Prozent im Vergleich zum alles andere als berauschenden Jahr 2002 macht insbesondere den überregionalen Titeln zu schaffen. Die alte Faustregel, dass bei einem gesunden Zeitungsunternehmen zwei Drittel der Einnahmen aus den Anzeigen kommen, liegt längst auf dem Müllhaufen der Werbegeschichte.
Das Fernsehen hält sich etwas besser. Zwar regiert auch hier weiter das Minus. Doch die Kurven zeigen deutlich nach oben. Außerdem starren die Sendergewaltigen längst nicht so ratlos wie die Zeitungsverleger ins Werbeloch: Sie erfinden neue Wege, um an Geld zu kommen. Der Marktführer RTL macht schon heute 15 Prozent seiner Einnahmen nicht mehr mit klassischen TV-Werbespots, sondern hat Geldquellen erschlossen wie Televoting bei Castingshows. Diese Quote soll sich verdoppeln. Und bei den Zeitungen? Die Süddeutsche Zeitung verkauft recht erfolgreich Bücher. Sonst nichts in Sicht. Nirgends. STEFFEN GRIMBERG