: Castro einig mit ausgewählten Exilkubanern
Ein Treffen zwischen 500 Exilkubanern und der Castro-Regierung in Havanna lehnt einhellig die neuen US-Sanktionen ab. Kubas Regierung verkündet Erleichterungen für Exilkubaner. Oppositionelle sprechen von „Alibiveranstaltung“
BERLIN taz ■ Mit viel Symbolik und einiger Unzufriedenheit ist am Sonntag in Havanna die dritte Konferenz „Die Nation und die Emigration“ zu Ende gegangen. Eigentlich hatte das Treffen, an dem 500 Exilkubaner teilnahmen, schon letztes Jahr im April stattfinden sollen. Aber damals hatte Kubas Regierung gerade 75 Dissidenten verhaften und zu langjährigen Haftstrafen verurteilen lassen – kein guter Zeitpunkt.
Für Eloy Gutíerrez Menoyo war die Konferenz eine Enttäuschung. Über entscheidende Themen wie die freie Meinungsäußerung und das Recht der Kubaner, das politische System zu modifizieren, sei nicht gesprochen worden, sagte der Gründer der oppositionellen Organisation „Cambio Cubano“ gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Menoyo, der über zwanzig Jahre lang wegen „konterrevolutionärer Aktivitäten“ in kubanischen Gefängnissen saß, war einer der wenigen bekannten Oppositionellen, die zu der Konferenz eingeladen wurden. Sein Redebeitrag ging jedoch unter lauten „Fidel“-Rufen unter, berichtete die mexikanische Tageszeitung La Jornada. Eine Diskussion über die politische Realität in Kuba, die Situation der politischen Gefangenen in den Gefängnissen der Insel oder die friedliche Demokratisierung, für die Menoyo wirbt, stand nicht auf der Tagesordnung.
Dominiert wurde die Tagung stattdessen von den Anfang Mai von US-Präsident George W. Bush verkündeten neuen Sanktionen, die von der Mehrheit der eingeladenen Konferenzteilnehmer zurückgewiesen wurden. Während die Bush-Administration die Reisebeschränkungen für US-Bürger nach Kuba verschärfen will, lockert Havanna seine Reisebestimmungen für Kubaner, die im Ausland leben. Laut dem kubanischen Außenministerium, das die Konferenz organisierte, benötigen im Ausland lebende Kubaner ab dem 1. Juni 2004 keine Einreiseerlaubnis mehr, sondern nur noch ihren Pass. Zudem können Kinder von Exilkubanern ab diesem Zeitpunkt Universitätsstipendien in Kuba beantragen.
Aufsehen rief auch die Verleihung der kubanischen Staatsangehörigkeit an sieben Teilnehmer der Invasion in der Schweinebucht von 1961 hervor. Ihnen war ihre kubanische Staatsangehörigkeit 1962 aberkannt worden. Die Neuverleihung hätten sie sich, so das kubanische Außenministerium, damit verdient, dass sie in Miami für den Dialog mit der Regierung in Havanna eingetreten seien.
Für den tritt auch Eloy Gutíerrez Menoyo ein, und dem hat er es höchstwahrscheinlich zu verdanken, dass er seit August letzten Jahres in Havanna leben kann. Menoyo sei kein Risiko für die Sicherheit des Landes, deshalb habe man seiner Bitte stattgegeben, so René Mujica Cantelar vom Außenministerium im Vorfeld der Konferenz.
Für den prominenten Dissidenten Oswaldo Payá, der 2002 den Sacharow-Preis, den Menschenrechtspreis des Europäischen Parlaments, erhielt, ist die Konferenz nur eine Alibiveranstaltung, bei der die Regierung in Havanna die Agenda vorgibt. In diesem Punkt sind sich Payá und Menoyo, die in Kuba laut Payá keinerlei Kontakt haben, einig.
KNUT HENKEL