Frech, schnell, gut

Zur Wiederentdeckung freigegeben: Die Kultserie „Das Model und der Schnüffler“ begründete den Aufstieg eines eher unbekannten Schauspielers namens Bruce Willis (ab So., 17.00 Uhr, Kabel 1)

Shepherd machte aus ihrer Karriere das Bestmögliche: Sitcom in eigener Sache

von HARALD KELLER

Als es 1985 eine neue Detektivserie zu besetzen galt, ging die weibliche Hauptrolle an einen leidlich bekannten Kinostar. Den männlichen Gegenpart vergaben die Produzenten an einen Fast-Nobody, der bis dato nicht nennenswert in Erscheinung getreten war.

Dieser Darsteller hieß Bruce Willis, und blickt man heute auf „Das Model und der Schnüffler“ zurück, verkehrt sich der Eindruck: B. W. zählt mittlerweile zu Hollywoods bestverdienenden Leinwandstars – an seine damalige Partnerin Cybill Shepherd erinnern sich vielleicht noch ein paar eingefleischte Cineasten (Und dann eher wegen ihrer Mitwirkung in Peter Bogdanovich’ „Die letzte Vorstellung“ und Scorseses „Taxi Driver“.)

Shepherd aber machte aus ihrer welken Karriere das Bestmögliche: eine Sitcom. Ab 1995 verkörperte sie in „Cybill“ eine Schauspielerin gehobenen Alters, die sich gegen junge Starlets behaupten muss. Was insgesamt keineswegs traurig, sondern hochgradig komisch geriet.

Selbiges gilt für „Das Model und der Schnüffler“. Shepherd und Willis brillierten als Geschäftsführer und Chefermittler der anfangs beschäftigungslosen, weil nur zur Geldwäsche benutzten Detektei „Blue Moon“. Die Firma ist alles, was Maddie Hayes (Shepherd) von ihrem mühsam ermodelten Vermögen noch blieb. Im Pilotfilm verschwindet ihr Anlageberater auf Nimmerwiedersehen und mit ihm auch Maddies Vermögen. Maddie will das von Nichtstuern bevölkerte Detektivbüro umgehend zu Geld machen, doch der freche Sprücheklopfer David Addison (Willis) umgarnt und überredet sie schließlich, den Betrieb in eigener Regie weiterzuführen.

Produzent Glenn Gordon Caron hatte sich Katharine Hepburns und Spencer Tracys gemeinsame Filme zum Vorbild genommen, als er die Serie konzipierte. Im Stil klassischer Screwball Comedies gibt es freche, schnelle und anspielungsreiche Wortwechsel zwischen der kühlen Maddie und dem stets gut aufgelegten Schwerenöter David, die selten einer Meinung, aber einander im Grunde doch sehr zugeneigt sind. Dieses ewige Hin und Her war das Kapital der Serie, das prickelnde Moment. In einer Episode brachte die Mutter eines jungen Serienfans die Sachlage auf den Punkt: „Sind das nicht die beiden, die sich ständig streiten, aber eigentlich nur miteinander ins Bett wollen?!“

Doch noch anderes machte die Produktion bemerkenswert: Immer wieder wurden Inhalte, Genres oder das Medium selbst gehörig veralbert. Da führen Maddie und David beispielsweise eines ihrer spritzigen Streitgespräche, wenden sich schließlich zur Kamera und fragen ihr Publikum um Rat: Ja oder nein? Die Kamera verneint, indem sie ein Kopfschütteln simuliert. Diese direkte Ansprache der Zuschauer gehörte zu den vielen Eigenheiten der Serie. Besonders arg trieb man die Demontage der narratorischen Illusion in der Episode „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“. Gemeinsam mit Gaststar Whoopi Goldberg flohen die beiden verhinderten Helden vor dem falschen Polizisten Judd Nelson aus einem Frisiersalon, aus den Kulissen und dann sogar aus dem Studio. Über das Gelände der Filmfirma ging die wilde Hatz, in schönster Slapstick-Tradition holperte und polterte durcheinander, was immer den Weg der Protagonisten kreuzte. Figuren aus anderen Serien gerieten ins Bild, von Halle 14 jagte man zu Halle 20 in die gewohnten Bürodekors, wo der Killer bereits wartete, der sich kurzerhand von einem Reiter im Westernkostüm hatte mitnehmen lassen. Noch ehe der Schurke aber seinen Revolver abdrücken konnte, kam von der Seite eine Hand ins Bild und entwand ihm das Schießeisen mit hartem Griff, nonchalant kommentiert mit den Worten: „Wir haben den Drehplan überzogen. Die Requisite muss die Waffe wiederhaben.“

Autoren und Produzenten erlaubten sich viele derartiger Späße. „Atomic Shakespeare“, die erste Episode der 86er Herbststaffel, spielte zu Zeiten Shakespeares und war eine abgewandelte Version von „Der Widerspenstigen Zähmung“. Ein andermal traten Maddie und David in schwarzweißem Setting als typische Film-Noir-Figuren auf oder interpretierten nacheinander den Titelsong mit der Begründung, der eigentliche Sänger, Al Jarreau, sei nicht pünktlich im Tonstudio erschienen. Auch Frechheiten untereinander waren erlaubt, zum Beispiel despektierliche Dialogzeilen über Bruce Willis’ lichter werdenden Skalp. Zum Ausgleich bekam seine damalige Lebensgefährtin Demi Moore einen durch Zeitlupe gedehnten Cameo-Auftritt als schöne Unbekannte, die David Addison kurz von seinen aktuellen Machenschaften ablenkt.

„Wir waren innovativ; es gab keine Festlegung auf eine Standardformel“, kommentierte Willis später das muntere Treiben, das allerdings auch einen ernsten Hintergrund hatte: Mitunter verzögerte sich die Erstellung der Drehbücher über das tolerable Maß hinaus, so dass man beinahe notgedrungen auf irgendwelchen Schabernack auswich. Mit der Zeit wurde die Produktion prompt zu teuer; obendrein ließ, als sich Maddie und David endlich – wenn auch nur vorübergehend – gefunden hatten, das Publikumsinteresse deutlich nach. Nach vier Produktionsjahren, in denen es auch hinter den Kameras oft genug turbulent zugegangen war, weil Shepherd und Willis auf weit weniger amüsante Weise unverträglich waren als ihre Alter egos, wurde die Serie eingestellt. Manche Neuerungen aber machten Schule, namentlich das ironische Spiel mit bekannten Formen wird in US-Serien heute gern und häufig geübt.