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Archiv-Artikel

Verwirrung um UN-Resolution zum Irak

Ein Papier der US-Regierung stellt klar: Die Interimsregierung kann nicht über den Truppenverbleib entscheiden

GENF taz ■ Der am Montag im UNO-Sicherheitsrat eingebrachte britisch-amerikanische Entwurf für eine neue Irak-Resolution hat zunächst einmal fast sämtliche Medien (auch den Autor dieser Zeilen) in die Irre geführt. „Die Besatzungstruppen erhalten mit der Verabschiedung der neuen Resolution (also spätetens Ende Juni) ein zunächst auf zwölf Monate (also bis maximal Ende Juni 2005) begrenztes UNO-Mandat als multinationale Streitmacht. Dann überprüft der Sicherheitsrat das Mandat und entscheidet über eine eventuelle Verlängerung. Auf Verlangen der irakischen Übergangsregierung kann diese Überprüfung schon eher geschehen.“ So berichteten sämtliche Medien in den letzten drei Tagen über den Resolutionsentwurf.

Daher musste der Eindruck entstehen, bereits die zum 30. Juni 2004 vorgesehene Übergangsregierung solle das Recht bekommen, beim UN-Sicherheitsrat in New York eine Überprüfung des Mandats der „multinationalen Streitmacht“ zu verlangen und auf diesem Weg gegebenenfalls auch einen Abzug der „multinationalen Streitmacht“ durchzusetzen.

Tatsächlich soll jedoch erst eine frühestens Anfang 2005 zu etablierende weitere Übergangsregierung dieses Recht erhalten, wie das US-Außenministerium jetzt in einem erläuternden Hintergrundpapier zum Resolutionsentwurf unmissverständlich deutlich gemacht hat.

In dem aus 22 Artikeln bestehenden Resolutionsentwurf in englischer Sprache heißt die zum 30. Juni vorgesehene Übergangsregierung durchgängig „interim government“. Lediglich in Artikel 6, der die Frage des Mandats der „multinationalen Streitmacht“ regelt, ist plötzlich von einem „transitional government“ die Rede (zu Deutsch ebenfalls „Übergangsregierung“). Wann und durch welchen Prozess dieses „transitional goverment“ entstehen soll, wird nirgendwo in dem Resolutionsentwurf erläutert.

Laut dem Hintergrundpapier des State Department soll dieses „transitional government“ von der „transitional national assembly“ (Übergangs-Nationalversammlung) bestimmt werden, die laut Resolutionsentwurf bis spätestens 31. Januar 2005 vom irakischen Volk gewählt werden soll. Im Entwurf wird diese „transitional assembly“ allerdings lediglich die Aufgabe zugewiesen, die endgültige irakische Verfassung auszuarbeiten.

Der weitere Fahrplan steht ebenfalls nicht im britisch-amerikanischen Resolutionsentwurf, sondern nur in dem Papier des State Department. Danach sollen die IrakerInnen im Herbst 2005 per Volkabstimmung über den Verfassungsentwurf entscheiden. Bis Ende 2005 sollen dann allgemeine, freie Wahlen zu einem regulären Parlament und die Bildung einer endgültigen souveränen Regierung erfolgen. In früheren Erklärungen und Dokumenten seit November letzten Jahres hatte die Bush-Administration den Eindruck erweckt, diese Wahlen seien bereits für Anfang 2005 vorgesehen.

ANDREAS ZUMACH