Naturschutz soll reine Ländersache werden

Union verlangt Länderkompetenz, obwohl Umweltrat davor warnt. Ökologen fürchten Kuhhandel zu Lasten der Natur

BERLIN taz ■ Wer hat die Verantwortung für den Naturschutz? Diese Frage kocht im Rahmen der Föderalismus-Debatte erneut hoch. Die Unions-Länder fordern die alleinige Gesetzeskompetenz für den Naturschutz. Das beschloss die Konferenz der Unions-Länderfraktionschefs vorige Woche in München. Dabei hatte kurz zuvor der Sachverständigenrat für Umweltfragen genau davor „nachdrücklich“ gewarnt: Große Schutzgebietsnetze wie das europäische Natura 2000 erforderten eine „einheitliche Handhabung“. Alleinige Länderkompetenz würde einen „effektiven“ Naturschutz behindern.

Effektivität aber ist das, worum es eigentlich auch den CDU-Ländern geht. „Jeder quatscht bei allem mit, aber suchen Sie mal einen, der für die Ergebnisse verantwortlich ist“, sagt NRW-Fraktionschef Jürgen Rüttgers (CDU). Und bietet dem Bund an, künftig nur noch bei halb so vielen Bundesgesetzen Mitsprache zu verlangen. Ein verlockendes Angebot für die Bundesregierung, die unter der ewigen Blockade im Bundesrat leidet. Dafür aber verlangen die Unions-Fraktionschefs alleinige Verantwortung in Bildungspolitik, Agrarförderung und eben im Naturschutz.

Naturschutz als Ländersache, dafür sprechen sich aber auch SPDler – wie NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) – aus. „Wenn man hört, wer das verlangt“, urteilt Jochen Flasbarth, Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium, „dann hört sich das nicht nach dem Wunsch an, den Naturschutz zu stärken.“

Tatsächlich sind die Länder schon jetzt große Bremser, wie auch die Umwelt-Sachverständigen rügen. Weil die Bundesländer ihre Naturschutzgebiete für das EU-weite Natura-2000-Schutzgebietsnetz nicht melden, ist Deutschland inzwischen europäisches Schlusslicht.

Dass die Bundesländer oft nicht melden, hat einen simplen Grund: Oft geht es darum, schnell noch Bauvorhaben durchzudrücken, bevor mit dem Schutzgebiet auch Umweltauflagen gelten – und es ist unabhängig von der Parteifarbe. So wollte Rheinland-Pfalz den Bau der B 50 über die Hochmosel durch wertvolle Natur erleichtern.

Heute wollen die Fachleute der Koalition das gemeinsame Vorgehen beraten, Ende Juli steht dann der Naturschutz auf der Tagesordnung der Föderalismus-Kommission. Im Bundesumweltministerium fürchtet man bereits, der Naturschutz könne im Verlauf der Verhandlungen einem Kuhhandel zum Opfer fallen. Schließlich dominiert die Debatte um Jobs und Konjunktur auch die Agenda der Regierung. MATTHIAS URBACH