: Hektische Suche nach Versuchsfeldern
Das Versteckspiel um die fünf noch unbekannten Äcker, auf denen in Sachsen-Anhalt genmanipulierter Mais angebaut wird, treibt seltsame Blüten – und die Aktivisten raus in die Natur und an die Computer. Bislang ist beides allerdings ohne Erfolg
AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH
Luftaufklärung bringt nichts. Nicht einmal hochauflösende Satellitenkameras könnten gentechnisch veränderten Mais von natürlichem unterscheiden. Erst recht nicht, wenn um das etwa 30 mal 50 Meter kleine Versuchsfeld eine Schutzpflanzung sauberer Sorten angelegt worden ist. Attac Halle hatte schon erwogen, per Flugzeug mit dem hier wörtlich zu nehmenden Feldstecher über Sachsen-Anhalt auf Versuchsfeldsuche zu gehen.
Weiß denn der Bauer Hinz, ob sein Nachbar Kunz aus dem Felde der Ähre heimlich eines der Schande gemacht hat, das ihm per Pollenflug oder Fruchtrückstand sein Öko-Zertifikat versaut? Ja, sagt Uwe Schrader, Chef des Biotechnologievereins InnoPlanta – wenn er nicht weiter als 200 Meter entfernt liegt. Dann informiert der Verein direkt. Bei den überdurchschnittlich großen Ost-Feldern sei man sich aber eher „selbst der Nachbar“.
Also bleibt die Unsicherheit. Wo liegen die verbliebenen fünf unbekannten von sechs Standorten? Südlich der A 2, so viel weiß man. Ein weiterer sogar in Thüringen, aber nicht einmal dessen Ministerpräsident Wolfgang Böhmer verrät seinem Amtskollegen und Unionsfreund in Sachsen-Anhalt, Dieter Althaus, wo.
Attac attackiert bereits die Computer von InnoPlanta. Noch halten deren Feuermauern und Anti-Hacker-Geschütze. Die im Aktionsbündnis gegen Gentechnik in Sachsen-Anhalt zusammengeschlossenen Agrarverbände gehen konventioneller auf die Pirsch. Ihnen bleibt ein langwieriges Ausschlussverfahren. Bis am Ende nur die schwarzen Schafe übrig bleiben.
Schrader und Wirtschaftsminister Horst Rehberger (beide FDP) wollen das Versteckspiel fortsetzen. Weil sonst nach den Ankündigungen von Greenpeace und Attac „die Versuchsanbaufelder zerstört“ würden.
Ab morgen wird bei InnoPlanta eine Info-Hotline geschaltet, deren bloße Ankündigung in der Lokalpresse schon zum Zusammenbruch der Telefonanschlüsse des Vereins führte. Landwirte sollen dann Auskünfte über ihre Gemarkung erhalten. Ein Zugeständnis? Kein Medium ist schneller als Flüsterpropaganda. Landwirt Jürgen Hartmann vom ostdeutschen Ökolandbauernverband Gäa ist überzeugt, dass die Anbaustandorte von gentechnisch verändertem Mais binnen kurzem bekannt werden. „Nicht mehr so schlimm“, lässt Schrader durchblicken. Der größere Mais wäre nicht mehr so leicht auszurupfen.
Greenpeace droht mit einer Klage, weil das EU-Rahmenrecht Transparenz und ein öffentliches Register der Standorte verlangt. Das sei nicht in deutsches Recht umgesetzt und daher auch nicht klar, wer ein solches Register führen müsste, so Schrader.
Wie wichtig diese Transparenz und Koexistenz ist, betont dagegen Dirk Werner von der Biohöfegemeinschaft Sachsen-Anhalt. Er denkt an das Misstrauen seiner Abnehmer, die ein Testat verlangen könnten. Mit etwa 150 Euro je Probe schlage das zu Buche. Unklar ist, ob er dafür Geld aus dem Haftungsfonds des Landes in Höhe von 240.000 Euro bekommen kann. Außerdem befürchtet er, dass der gegenwärtige Maisanbau nur als Türöffner für weitere Sorten und ein ununterscheidbares Chaos dient.
Hartmann möchte deshalb die wenigen Gen-Bauern offen zur Diskussion einladen. Sie sollen laut InnoPlanta ja nur genehmigte Sorten anbauen und an Prämien interessierte Konzerne gar nichts verdienen. Genauso wenig wie Schrader als Vereinsvorsitzender im Ehrenamt, der zugleich dem Agrarausschuss im Landtag vorsitzt, und Wirtschaftsminister Rehberger, der InnoPlanta als Unternehmensberater entwarf und für 20 Millionen Euro Fördermittel sorgte.