Es geht ums Abzocken : Das geht an die Substanz
[…] Nach dem Scheitern von Peters und Düvel sieht es so aus, als könnte Zwickel der lachende Dritte sein. Hat er doch das Scheitern der Verhandlungen und der Streiks durch die ostdeutschen Metaller verkündet. Peters’ Meisterstück ist mangels Qualifikation durchgefallen. Als Vorsitzender der IG Metall ist Peters deklassiert. Ganz im Sinne des jetzigen Vorsitzenden Zwickel. Peters und Zwickel haben den Gewerkschaften in diesem Land einen Bärendienst erwiesen. Sie haben geschafft, was kein Arbeitgebervertreter in den letzten 50 Jahren geschafft hat. Erstmals wird die Existenzberechtigung der Gewerkschaften in Frage gestellt. Die Arbeitgebervertreter haben gezeigt, wo der Hammer hängt! Wer nach diesem gescheiterten Streik noch einen Beweis über Macht und Machtlosigkeit anbringen will, dem kann der 28. Juni 2003 als Zeuge dienen. Für die Beschäftigten in Ost und West ist vielleicht „nur“ dieser Arbeitskampf verloren gegangen. Die Glaubwürdigkeit der Gewerkschaften und der Mut der Beschäftigten, Funktionären Sachverstand zuzutrauen, hat arg gelitten. Das ist schwerwiegender als dieser eine verlorene Arbeitskampf um die 35-Stunden-Woche. Das geht an die Substanz!
[…] Die Arbeitgeber werden jetzt erst recht die hohe Arbeitslosigkeit und die schlechte Konjunktur für die Notwendigkeit von weiteren sozialen Einschnitten missbrauchen. Es wird Massenaustritte aus Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften geben, weil die Macht der Gewerkschaften, mindestens die der IG Metall, nahe null tendiert. Aber wer im Osten ist überhaupt noch in einem Arbeitgeberverband vertreten, dem die Gewerkschaften etwas anhaben könnten?
Gesiegt hat Zwickel über Peters, den er nun vielleicht doch noch als IG-Metall-Vorsitzenden verhindern kann. Verloren haben die Beschäftigten im Osten auf Dauer. Aber nicht, weil sie jetzt weiter länger arbeiten müssen als im Westen, sondern weil die Legitimität ihrer Forderung ad absurdum geführt wurde.
JÖRG F. KÜSTER, Lingen