Mieterschutz straßenweise

SPD und PDS einigen sich auf neue Fristen zum Schutz vor Eigenbedarfskündigungen. Die sollen je nach Bezirk drei oder sieben Jahre betragen. Für den Mieterverein ist das eine absurde Regelung

VON UWE RADA

Wer im Tiergartener Teil der Potsdamer Straße wohnt, hat womöglich bald Glück. Für ihn gilt ab 1. September eine siebenjährige Schutzfrist im Fall einer Eigenbedarfskündigung. Pech dagegen könnte haben, wer im Schöneberger Teil der Potsdamer Straße lebt. Er muss im Falle einer solchen Kündigung nach drei Jahren ausziehen. So sieht es eine Einigung von SPD und PDS zum Kündigungsschutz vor, die Ende August in Kraft treten soll.

Nötig geworden war eine Neuregelung, weil das von der rot-grünen Bundesregierung beschlossene neue Kündigungsrecht statt der früheren zehn Jahre nur noch drei Jahre Schutz nach einer Eigenbedarfskündigung für ausreichend hält. Gleichzeitig wurde den Ländern allerdings die Möglichkeit gegeben, für Kommunen mit hohem Umwandlungsdruck Schutzfristen von bis zu zehn Jahren einzuführen.

Berlins früherer Bausenator Peter Strieder (SPD) hatte sich dagegen aber immer gewehrt. Seine Begründung: Der Wohnungsmarkt in Berlin sei entspannt, ein Umzug nach drei Jahren somit zumutbar. Außerdem fürchteten Strieders Justiziare, eine Sonderregelung könne, ähnlich wie die ehemalige „Zweckentfremdungsverbotsverordnung“ oder die Mietobergrenzen, von den Gerichten kassiert werden.

Gegen eine solche Ignoranz laufen dagegen Mietervereine und Betroffeneninitiativen wie in der Leistikowstraße 6 in Charlottenburg seit Monaten Sturm. Ihr Argument: Selbst die CDU-Landesregierung in Hamburg habe für das gesamte Stadtgebiet eine Schutzfrist von zehn Jahren erlassen. Und erst in dieser Woche hat das Bauministerium in Nordrhein-Westfalen beschlossen, in 105 Kommunen die Schutzfrist auf sechs bzw. acht Jahre festzulegen.

Auf diesen Druck hin haben sich nun SPD- und PDS-Fraktion noch einmal zusammengesetzt und beschlossen, für bestimmte Bezirke eine Frist von sieben Jahren festzulegen. Dies bestätigten gestern die wohnungspolitischen Sprecher der beiden Fraktionen, Bernd Schimmler (SPD) und Gernot Klemm (PDS). Im Gespräch sind derzeit die Bezirke Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und eventuell auch Mitte.

Für Mietervereinschef Hartmann Vetter ist das ein Unding: „Für Stadtviertel, in denen es keinen Bedarf gibt, wird eine Schutzfrist erlassen, für andere, in denen Bedarf herrscht, wiederum nicht.“ Vetter nennt in diesem Zusammenhang vor allem Schöneberg, Neukölln und Steglitz. Auch Hildegard Behrend von der Mieterinitiative Leistikowstraße 6 ist der Meinung: „Wir brauchen eine Zehnjahresfrist für ganz Berlin.“

Noch aber sind eh die Würfel nicht gefallen. Das letzte Wort hat nun Strieders Nachfolgerin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Wie die neue Supersenatorin entscheiden wird, ließ ihre Sprecherin Petra Roland gestern noch offen: „Wir prüfen noch.“