: Gemeinsam streiten
Auftaktveranstaltung von Hamburger Sozialforum: Gewerkschaften, Sozialverbände und Initiativen formieren sich gegen Sozialabbau
Von Marco Carini
Ein Neubeginn für Hamburgs Linke? Oder nur alter Wein in neuen Schläuchen? Am Donnerstagabend fiel im Wirtschaftsgymnasium St. Pauli der Startschuss für die Bildung eines Hamburger Sozialforums. 250 Gewerkschafter, Sozialverbandsvertreter, Betriebsräte und Initiativler haben sich versammelt um – so der Anspruch – „ein breites gesellschaftliches Bündnis gegen den sozialen Kahlschlag“ ins Leben zu rufen und „neue Formen des gesellschaftlichen Eingreifens“ zu entwickeln.
Gemeinsam ist allen Teilnehmern die Kritik an der Agenda 2010 der Bundesregierung und am Sparkurs des Hamburger Senats. „Wir sehen keine Reformen, sondern nur einen sozialen Raubbau auf Kosten der Schwächsten“, bringt es die Hamburger Vorsitzende des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Inge Jefimov, auf den Punkt. „Was hat eine SPD noch für Grundsätze, die unter Reformen nur soziale Demontage versteht“, nimmt Jefimov die Sozialdemokraten unter Beschuss.
Peter Broll, Landesgeschäftsführer des Sozialverbandes VDK kritisiert vor allem die Rentenpolitik der Bundesregierung. „Bei der Absenkung der Renten wird unterschlagen, dass viele Menschen gar nicht die Möglichkeit einer privaten Vorsorge haben.“ Ronald Prieß, Kindertagesstättenleiter und Initiator einer Initiative, die einen Erzieherstreik ins Auge gefasst hat, klagt: „Die Mehrkosten des Kita-Kompromisses werden auf die Träger abgewälzt. Die Gruppengrößen sollen soweit erhöht werden, dass sie bald Schulklassenniveau erreichen – so wird pädagogische Arbeit unmöglich.“
Für die Gewerkschaften sitzt Hamburgs ver.di-Chef Wolfgang Rose auf dem Forums-Podium. Die größte Einzelgewerkschaft versteht sich als Teil des Sozialforums. „Wir setzen auf die Verstärkung der außerparlamentarischen Bewegung, weil unsere Interessen in den Parlamenten immer weniger vertreten werden“, begründet der Gewerkschafter diesen Schritt. „In der Wirtschafts- und Finanzpolitik erleben wir eine völlig falsche Politik, die unter dem Deckmantel des Reformbegriffs maßgeblich zur Verschlechterung der Lebensverhältnisse beiträgt“, rechnet der Sozialdemokrat mit seinen Genossen ab.
In der Analyse der Politik sind sich alle TeilnehmerInnen des Forums weitgehend einig. Eine gemeinsame Strategie, den linken Widerstand gegen den Sozialabbau zu stärken, wird an diesem Abend noch wenig erkennbar. Zudem fällt auf, dass kaum junge Leute den Weg ins Wirtschaftsgymnasium gefunden haben, das eher autonome Spektrum wie auch der Regenbogen sind kaum vertreten.
Für den 12. August ist das zweite Treffen des Sozialforums geplant, auf dem in Arbeitsgruppen konkrete Schritte und langfristige Widerstands-Strategien erarbeitet werden sollen. Als konkreter Themenschwerpunkt für den Herbst ist die Unterstützung der geplanten Volksbegehren gegen die Teilprivatisierung der Berufsschulen und den Verkauf der Wasserwerke geplant.