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Archiv-Artikel

Das Beste für Ihr Kind

Muttermilch ist gesund – jede andere Aussage ist Humbug. Mit einem Ratgeber klärt Tagesschausprecherin Eva Herman übers Still-Glück auf. Und streitet damit nicht zuletzt für mehr „Körpernähe und Zärtlichkeit zwischen Mutter und Kind“. In Bremen sind mittlerweile vier Stillberaterinnen aktiv

Stillen ist eine natürliche Vorsorge gegen Allergien, Magenkrankheiten, Diabetes und HerzproblemeNur 9,8 Prozent der deutschen Mütter stillen bis zum sechsten Monat. Schuld sind die „Ammenmärchen“

Kinder, die Muttermilch trinken, werden als Erwachsene seltener krank. Tatsächlich ist das Stillen gesünder als alles andere für den Nachwuchs. Darüber hat sich die Tagesschau-Sprecherin und Fernsehmoderatorin Eva Herman von einer aufklären lassen, als sie selbst schwanger war. Später verpflichtete sie sich als Schirmherrin der La Leche Liga dazu, ihr Wissen weiterzugeben und für die natürliche Säuglings-Ernährung zu werben. Denn die Seele „wird beim gestillten Neugeborenen auf eine Weise gefestigt, wie es mit einer Babyflasche aus Glas oder Plastik niemals gelingen kann.“ Das jedenfalls schreibt Herman in ihrem Ratgeber „Vom Glück des Stillens“. Im Untertitel wird deutlich, worum es ihr geht: „Körpernähe und Zärtlichkeit zwischen Mutter und Kind“.

Mit dem Buch will sie gegen Missverständnisse angehen über die Vorteile des Stillens informieren. Demnach erhöhen sich durch die Muttermilch in den ersten Monaten die Cholesterinwerte. Das stärkt das Immunsystem. Das ist eine natürliche Vorsorge, etwa gegen Allergien, Magen-Darm-Krankheiten, Diabetes und Herz-Kreislauf-Probleme. Und auch das Sozialverhalten prägt sich, so Herman, an der Mutterbrust aus: „Das Erlebnis, gestillt zu werden, ist für das Kind Grundlage aller mitmenschlichen Beziehungen.“

Das hauptsächliche Problem sieht die Autorin darin, dass die meisten Mütter schlicht falsch informiert seien. So kommt es, dass nur 9,8 Prozent der deutschen Mütter bis zum sechsten Monat stillen. Ein Kapitel des Ratgebers widmet sich den am weitesten verbreiteten „Ammenmärchen“. Zum Beispiel der Legende, dass sich durch häufiges Stillen weniger Milch bilde. Auch stimme es nicht, dass gestillte Kinder später dick werden – laut Herman ist das Gegenteil der Fall.

Die Einstellung von Müttern zum Stillen wird nicht zuletzt durch die Erfahrungen bei der Entbindung geprägt. Eigentlich soll das Baby, so der Ratgeber, nach der Geburt bei der Mutter bleiben und „ihren Herzschlag spüren, den es neun Monate stärker als seinen eigenen fühlte“. Stillfreundliche Krankenhäuser sorgen dafür, dass das Kind nicht von der Mutter getrennt wird. Das Krankenhaus Links der Weser ist die bislang einzige Klinik in Bremen, welche die UNICEF-Auszeichnung „stillfreundlich“ trägt. Hier sorgen gleich bleibende AnsprechpartnerInnen für eine möglichst gute Beratung. Außerdem können die Schwangeren selbst entscheiden, in welcher Position sie gebären. Und wie in allen kommunalen Krankenhäusern dürfen Babynahrungs-Hersteller keine Probepackungen verteilen.

Die Industrie hat laut Herman ein besonderes Interesse daran, dass sich Säuglinge an bestimmte Marken statt an die Brust gewöhnen. Was allerdings alles andere als das Beste für das Kind sei. Denn der einzige „Zaubertrank“ ohne Nebenwirkungen sei die Muttermilch.

Gegen die permanente Fehlinformation setzen sich seit dreißig Jahren Organisationen wie die WHO, UNICEF und die La Leche Liga ein. Die La Leche Liga bildet Mütter, die selbst gestillt haben, als Beraterinnen aus. Sie sollen anderen Müttern durch persönlichen Kontakt Hilfestellung leisten. In und um Bremen sind vier Stillberaterinnen aktiv. 1979 war Renate Eggert eine der ersten Bremer La Leche Liga-Aktivistinnen. Damals half sie, die US-Organisation in der Region zu verbreiten. Mittlerweile sind bundesweit ehrenamtliche Stillberaterinnen aktiv.

Eine Anekdote Hermans verdeutlicht, woran hierzulande das natürliche Stillen krankt: Als sie mal in Hessen fürs Stillen warb, meldete sich eine dunkelhäutige Frau. Sie fände es faszinierend, dass man anderthalb Stunden lang über dieses Thema reden könne. Doch sie sei auch sehr erstaunt: In ihrer Heimat, da gäbe man dem Kind einfach die Brust.Axel Lerner

Eva Herman: „Vom Glück des Stillens“, 19,80 Euro. Kontakt zur La Leche Liga Bremen über Iris Rose, ☎ 37 98 373 oder Gitta Hülsmeier, ☎ 56 11 83 bzw. www.lalecheliga-bremen.de