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Archiv-Artikel

Deutsche haben keine Wahl

Im Bundestag gibt es keine Mehrheit für eine nationale Volksabstimmung zur EU-Verfassung. Union, SPD und Grüne sind gegen einen solchen Vorschlag der FDP

Von DAS

BERLIN taz ■ Die Deutschen werden wohl nicht über eine künftige EU-Verfassung abstimmen. SPD, Grüne und Union lehnten in einer Bundestagsdebatte einen Vorschlag der FDP für eine Volksabstimmung ab. Auch die dafür nötige Änderung des Grundgesetzes wird keine Mehrheit finden. Um das Grundgesetz zu ändern, wäre eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und in der Länderkammer Bundesrat notwendig.

FDP-Chef Guido Westerwelle begründete den FDP-Vorstoß damit, dass die europäische Verfassung durch das Volk legitimiert werden müsse. Laut Grundgesetz werde bei Länderfusionen das Volk befragt. Beim Eingliedern Deutschlands in die EU müsse es deshalb erst recht ein Referendum geben. FDP-Außenexperte Werner Hoyer warnte davor „Angst vor dem Volk“ zu haben. Wenn die Politiker die Verfassung wollten, könnten sie auch die Bürger überzeugen.

Zum wiederholten Male bekräftigte Außenminister Joschka Fischer (Grüne), dass er eine nationale, aber auch eine europaweite Volksabstimmung ablehnt. Fischer stellte sich damit gegen die Mehrheit seiner eigenen Fraktion, die ein europaweites Referendum befürwortet. Fischer sagte, der Bundestag solle für die Ratifizierung der EU-Verfassung zuständig bleiben. Dies sei ein Weg, der sich bewährt habe. Nach Meinung Fischers haben die Verhandlungen über die Verfassung „eine echte Chance auf einen erfolgreichen Abschluss“. Die Streitfrage der doppelten Mehrheiten sowie weitere Punkte wie der Gottesbezug in der EU-Verfassung seien grundsätzlich geklärt.

Politiker von SPD und Grünen sprachen sich für ein europaweit einheitliches und zeitgleiches Referendum aus. Die Grünen-Politikerin Anna Luhrmann sagte, sie befürworte dies, weil dann eine Instrumentalisierung der Frage in den einzelnen Staaten ausgeschlossen sei.

Auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sprach im Bayerischen Rundfunk von einer „faszinierenden Idee“. Daraus könne womöglich „so etwas wie eine neue, auch emotional europäische Gemeinsamkeit“ entstehen.

Der CDU-Europapolitiker Peter Hintze sagte, ein Referendum sei eine „Bühne für Stimmungsmacher“. Auch würde eine Abstimmung nur vortäuschen, das Volk habe eine „Alternative zwischen Ja und Nein“. Hinze sagte, die Antwort könne nur Ja lauten. Deshalb solle das Parlament sich nicht vor seiner Verantwortung drücken und die EU-Verfassung selbst ratifizieren.

Bei der Rede Hintzes gab es laute Proteste bei SPD, Grünen und FDP, weil der CDU-Mann die Bundesregierung für das Verschwinden Metin Kaplans verantwortlich machte. Hintze forderte die Sicherungshaft für „Leute wie Kaplan“. Hintze sagte weiter, er hoffe, dass Deutschland „durch europäisches Recht sicherer gemacht“ werde. Die rot-grüne Regierung sei dazu nicht in der Lage. DAS