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Archiv-Artikel

Union schlachtet Kaplan aus

Nach dem Fall Kaplan: Politiker aus CDU und CSU fordern Einführung der Sicherungshaft und leichtere Abschiebung. SPD und Grüne lehnen Nachverhandlungen beim Zuwanderungsgesetz ab

BERLIN taz ■ Die misslungene Festnahme des „Kalifen von Köln“, Metin Kaplan, kommt für die Union wie gerufen. Der Fall des bisher nicht abschiebbaren Islamistenführers zeige, „dass wir so etwas wie die von Herrn Schily vorgeschlagene Sicherungshaft brauchen“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU im Bundestag, Hartmut Koschyk, der taz. Seine Fraktion werde „so bald wie möglich“ einen Gesetzesvorschlag für einen „polizeilichen Gefahrenabwehrgewahrsam“ machen.

Der Chef des CSU-Arbeitskreises Innenpolitik, Wolfgang Zeitlmann, erklärte: „Eigentlich müsste man solche Leute internieren.“ Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz lehnte eine Sicherungshaft dagegen ab und betonte, dass es „keine Nachverhandlungen über das Zuwanderungsgesetz“ mehr gebe.

Der Kompromiss, den die Unionsvorsitzenden Edmund Stoiber und Angela Merkel mit Kanzler Gerhard Schröder ausgehandelt haben, stößt in der CSU auf Kritik. „Ich hätte mir viel mehr gewünscht“, sagte Zeitlmann über die vereinbarten Sicherheitsvorschriften. Auch CSU-Vize Horst Seehofer bemängelte, die Bedenken der Unionsfraktion seien „missachtet“ worden.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) brachte unterdessen erneut das Thema erleichterte Abschiebung auf die Tagesordnung. Bei der Ausformulierung des Gesetzes müsse auch das Forderungspapier der Union berücksichtigt werden, forderte Beckstein. In ihm wird verlangt, dass Ausländer schon dann abgeschoben werden müssen, wenn sie zu einer Strafe von ein bis zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt worden sind. Bisher liegt die Grenze bei drei Jahren. CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach unterstützte Becksteins Wunsch, sagte aber gegenüber der taz: „Ich glaube, dass es Verbesserungen im Sicherheitsbereich mit Rot-Grün erst geben wird, wenn in Deutschland ein schlimmer Anschlag passiert.“

Die Grünen betonten, die Einigung über das Zuwanderungsgesetz werde „eins zu eins“ umgesetzt, weitere Nachverhandlungen seien nicht möglich. „Das muss Frau Merkel ihren Jungs mal erklären!“, erklärte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. LUKAS WALLRAFF

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