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Archiv-Artikel

Die Gitarre

Schutz und Heimat auf der Bühne, hohe Liebestöne

Sie machte den größten und schönsten Krach auf der Breminale: Wenn etwas weit aus einem der Zelte herausschallte, dann war es meist ihr Ruf. Mal brachial wie bei den New Yorker Punk-Jazzern von „Gutbucket“, mal aus der elektrischen Seele geweint wie der Blues von „Mike Anderson“. Wenn sie mal nicht dabei war, konnte es schnell Probleme geben.

Zugegeben, die Balkan Beats des „Boban Markovic Orchestra“ gingen auch ohne sie mit rasanten und brodelnden Bläsersätzen direkt in die Hüften, aber das österreichische „Spring String Quartet“ blamierte sich bis auf die Bögen, weil es auf seinen 16 Saiten mit viel fehlgeleiteter Virtuosität nicht halb so rockig hinbekam, was jeder Anfänger auf ihr in fünf Minuten zustande bringt: das berühmte Intro-Riff von Deep Purple in „Smoke in the Water“.

Aber sonst war sie auf den Bühnen allgegenwärtig: mal als komisches Anhängsel, wie bei dem Soloperformer Dr. Peanut, der sie in einem Gorillakostüm betatschte, mal in der Miniausgabe, wie wenn das Theatre du Pain seine Zugabe ukulelte, mal als mit Rhythmus säugende Zitze wie bei den Reggae- und Funk-Ekstasen der Band Jamaram. Sie bot auch Schutz und Heimat auf der Bühne: Rachael Davis spielte etwa zum ersten Mal so weit von zu Hause und vor lauter fremden Europäern. Die junge amerikanische Sängerin klammerte sich fest an sie und begeisterte mit ihrer mütterlichen Hilfe das Publikum, um dann nach jedem Beifall verlegen und erleichtert in sie hineinzukichern.

Einige umschmeichelten sie auch auf der Bühne wie eine Geliebte: Der Kanadier Dave Goodman etwa ließ sie mit dem steifen Finger der Bottleneck-Technik in den höchsten Tönen singen. Egal ob Soul aus Guinea, Blues aus Bremen, Folk aus Arabien, Pastorentöchter-Rock aus Vechta oder Ska aus Russland – sie gab aller Musik ihre Segen und ließ so die Breminale erschallen: die Gitarre!

Wilfried Hippen