: Die Jungs von 1979 gegen die Chefin von heute
Der „Andenpakt“ in der CDU schadet Angela Merkel weniger durch gezielte Ränkespiele als durch seine Außenwirkung: Das Männerbündnis lässt die Parteivorsitzende aus dem Osten alleine dastehen. Damit bestärkt der Pakt einen Eindruck, den viele in der Union ohnehin haben
BERLIN taz ■ Wem nützt die Bloßstellung, wem schadet sie? Eine Woche ist es nun her, dass der Spiegel Existenz, Geschichte und Mitglieder des männerbündlerischen „Andenpakts“ in der CDU öffentlich machte. Gab es zunächst noch Grund zu glauben, das plötzliche Licht der Öffentlichkeit schade vor allem den dem Halbdunkel entrissenen Paktierern, steht inzwischen die eigentliche Verliererin fest: Angela Merkel. Bei unterschiedlichsten Gelegenheiten sieht sich die Partei- und Fraktionsvorsitzende mit Anspielungen auf die Gegenmacht im eigenen Stall konfrontiert. Da sie noch immer Anführerin auf Bewährung ist, ist jeder Scherz ein Nadelstich.
So höhnte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering bei der Steuerdebatte im Bundestag, Merkel schiele zwar auf die Kanzlerkandidatur, doch fehlten ihr die Truppen: „Hinter den Anden wird noch so mancher Pakt geschlossen werden.“ Tatsächlich verdankt das Bündnis Namen und Gründung einem Flug über die Anden, den am 25. Juli 1979 eine Delegation von Funktionären der Jungen Union unternimmt. In Whisky-Laune (Marke „Chivas Regal“) schließen die zwölf jungen Südamerika-Reisenden sich zum „Pacto Andino“ zusammen, das Gründungsmanifest steht auf einem Briefbogen der venezolanischen Fluggesellschaft Viasa.
Wichtigste Verabredung: Mitglieder fordern einander nie zum Rücktritt auf. Dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch rettete das im CDU-Spendenskandal womöglich den Kopf. Schließlich gehört dem Bündnis ein gut Teil der Kohl-Enkel in der CDU an: Peter Müller und Christian Wulff, inzwischen ebenfalls Ministerpräsidenten, die Fraktionschefs Christoph Böhr (Rheinland-Pfalz), Günther Oettinger (Baden-Württemberg) und Franz Josef Jung (Hessen) sowie Einflussagenten in der Wirtschaft und den Medien.
Dabei bezieht der Zirkel seine Bedeutung weniger aus den gelegentlichen Treffs auf Landgasthöfen, die „El secretario General“, ein Wirtschaftsanwalt aus Braunschweig, diskret organisiert. Maßgeblicher ist die Wirkung des Pakts auf die Wahrnehmung der Berliner politischen Klasse: Zu trefflich illustriert das Gruppenbild mit vielen Jungs den Verdacht, den viele innerhalb wie außerhalb der Union ohnehin haben – dass Merkel in ihrer Partei weitgehend auf sich alleine gestellt ist. Beistand erfuhr die Ostdeutsche bisher nur von anderen Ausgeschlossenen. So verkündete CSU-Landesgruppenchef Michael Glos bei einem Empfang mit Merkel und Edmund Stoiber: „Wir setzen dem Andenpakt etwas entgegen: Wir gründen heute den Alpenpakt!“ PATRIK SCHWARZ