: Wenn ein Spezl einen Spezl kennt
Es droht mal wieder ein Skandal bei der Münchner CSU: Prominente Mitglieder vermischten anscheinend Politik und Geschäft. Für riskante Anlagefonds wurde mit dubiosen Methoden geworben – Fernsehauftritte beim Strauß-Sohn Franz Georg inklusive
AUS MÜNCHEN JÖRG SCHALLENBERG
Was man in Köln Klüngel nennt, heißt in München Spezlwirtschaft – und steht dem rheinischen Treiben in nichts nach. Ein blendendes Beispiel für diese unheilvolle Vermischung politischer und finanzieller Interessen liefert momentan die Münchner CSU, die ohnehin seit Jahren durch Skandale und Intrigen von sich reden macht. Diesmal steht der Schatzmeister der Stadtpartei, Ralph Burkei, im Mittelpunkt.
Mehrere Münchner Zeitungen berichteten, dass er jahrelang den Münchner Geschäftsmann Alfred Wieder beriet, der unter anderem Anleger für einen Risikokapitalfonds namens Global Chance Fund sucht. Da traf es sich gut, dass Burkei hauptberuflich die Fernsehproduktionsfirma Camp TV betreibt, die bayerische Regionalfenster von Sat.1 und RTL produziert. In diesen Programmen wurden die hochriskanten Anlagemöglichkeiten von Wieder mehrfach äußerst positiv dargestellt; der Geschäftsmann durfte in einer Talkshow namens „Strauß trifft …“ ausführlich für sich werben. Gastgeber war Franz Georg Strauß, der Bruder der Münchner CSU-Vorsitzenden Monika Hohlmeier. Die bayerische Kultusministerin gilt als mögliche Stoiber-Nachfolgerin.
Die eingeworbenen Gelder investiert der umtriebige Geschäftsmann Wieder zum Teil in eine Firma namens Inova AG, die aber, anders als in Werbeprospekten beschrieben, keinesfalls im Bereich der Zukunftstechnologie aktiv ist. Vielmehr betreibt sie wiederum eigene Kapitalfonds und sammelt auch selbst Anlegergelder an – bislang rund 2 Millionen Euro, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete. Als Aufsichtsrat der Inova fungiert Aribert Wolf, zugleich Vizevorsitzender der Münchner CSU. Die Inova AG wiederum investiert tatsächlich in Hochtechnologie-Unternehmen, etwa in die Health Base AG, die eine digitale Patientenakte vertreiben will. Im Vorstand sitzt der Münchner CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Zimmermann, der wiederum in Fernsehsendungen, die von Camp TV produziert wurden, für Health Base die Werbetrommel rührte. Allerdings trat er dort als Mitglied des Landesgesundheitsrats Bayern auf – seine Nebentätigkeit wurde nicht erwähnt. Gegründet wurde die Health Base AG im Übrigen von der West Net TV & Multimedia AG, die bis vor kurzem CSU-Schatzmeister Ralph Burkei gehörte. Im Vorstand saß Parteivize Aribert Wolf. Man kennt sich.
Doch nicht nur die personellen Verstrickungen sind dubios – sondern auch die Akquisemethoden. So wirbt Alfred Wieder für seinen Global Chance Fund mit einem Preis, den die „Europäische Wirtschaftskammer“ verliehen haben soll. Nur: Hinter diesem wohlklingenden Namen verbirgt sich eine Brüsseler Briefkastenfirma. Gleiches gilt für den so genannten Deutschen Mittelstands-Verband, der den Global Chance Fund per Zertifikat würdigte. Vertriebsmitarbeiter des Fonds dürfen sich hochtrabend „European Financial Planner“ nennen – den Titel vergibt der CSU-nahe Wieder gleich selbst.
Die Nachricht vom undurchsichtigen Firmendickicht hochrangiger Parteimitglieder trifft die Münchner CSU zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Es läuft ein Prozess wegen Mitgliederkaufs und innerparteilicher Wahlmanipulationen; zudem sind die Methoden der örtlichen CSU-Mitgliederwerbung umstritten. Werbekolonnen der Jungen Union sollen Unentschlossene in Diskos oder beim Oktoberfest so lange mit Alkohol abgeüllt haben, bis sie den Aufnahmeantrag unterschrieben – und bei Abstimmungen als williges Stimmvieh dienten. Was manche Personalentscheidung der CSU erklären könnte.