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Archiv-Artikel

Regionale Strukturpolitik ohne SPD und Grüne

NRW-Wirtschaftsminister und SPD-Chef Schartau bootet mit seiner neuen Regionalpolitik die eigene Koalition aus

DÜSSELDORF/MÜNSTER taz ■ Dem rot-grünen Bündnis auf Landesebene droht ein neuer Koalitionskrach: Nach Ansicht von Vertretern von SPD und Grünen arbeitet Nordrhein-Westfalens sozialdemokratischer Wirtschafts- und Arbeitsminister Harald Schartau mit Hochdruck an einem grandiosen Eigentor. Schartau, der auch SPD-Landesvorsitzender ist, will die regionale Wirtschafts- und Arbeitspolitik neu ordnen – und könnte dabei Vertreter von SPD und Grünen auf regionaler Ebene vollständig entmachten.

Schartaus Ministerium arbeitet seit Monaten an einer neuen Struktur, mit der die Verschmelzung des Düsseldorfer Wirtschafts- mit dem Landesarbeitsministerium vom November 2002 nachvollzogen werden soll. So will der Minister die bisher 30 arbeitsmarktpolitischen Regionalsekretariate und die 16 bestehenden wirtschaftsstrukturellen Regionalkonferenzen zu nur noch 16 so genannten Regionalagenturen verschmelzen. Schartaus Problem: Gerade in den traditionell von der CDU dominierten ländlichen Regionen werden die Christdemokraten damit noch weiter aufgewertet. So säße im Lenkungskreis der Regionalagentur für das Münsterland, der sich heute konstituieren soll, kein einziger Vertreter der SPD mehr – die Grünen wären auf regionaler Ebene nirgendwo in NRW noch vertreten: CDU-Landräte und -Bürgermeister, wirtschaftsnahe Vertreter von Industrie- und Handelskammern und der Arbeitgeberverbände blieben nach den Planungen von SPD-Chef Schartau hier künftig beinahe unter sich.

Koalitionsintern wuchs der Druck auf Schartau nach taz-Informationen gestern enorm: Gerade die Grünen fühlen sich von Schartau schlecht informiert, alarmierten SPD-Staatskanzleichef Wolfram Kuschke und die eigene Umweltministerin Bärbel Höhn. Schartau selbst war gestern offiziell für mehrere Stunden nicht zu erreichen. Kritik kam auch aus der SPD: „In den Lenkungskreisen der Regionalagenturen dürfen nicht nur Vertreter wirtschaftsnaher Interessen tagen“, findet etwa Bernhard Daldrup, Vorsitzender der SPD im Regionalrat Münster, dem von den Kreistagen und Stadträten gewählten Gegengewicht zur Bezirksregierung. „Im Lenkungskreis müssen Parteien mit Fraktionsstatus mit mindestens einem Vertreter stimmberechtigt sein“, fordert auch Rüdiger Sagel, wirtschaftspolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion. „Sonst findet in den Regionalagenturen keine Arbeitspolitik mehr statt.“ ANDREAS WYPUTTA