: Echt hartzlos: Arm trotz Arbeit
Streit um Hartz IV: DGB will Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe stoppen, die GAL will sie reibungslos umsetzen. Bloß wie, das wissen Hamburgs Behörden noch nicht
Von Marco Carini
Es sind noch genau sieben Monate, dann tritt Hartz IV in Kraft und damit die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Doch die „Reform“ wirft düstere Schatten voraus.
Hamburgs DGB-Chef Erhard Pumm appellierte gestern an die Bundesregierung, Hartz IV noch „zu stoppen, auch wenn es fast zu spät“ sei. Mehr als 30.000 Hamburger Arbeitslose würden durch die Reform „auf das Niveau der Sozialhilfe“ zurückgestuft und müssten somit ab Januar „eine deutliche Verschlechterung ihres sowieso schon geringen Lebensstandards“ hinnehmen, warnte der Gewerkschafter.
Hartz IV sei, so Pumm weiter, „der gewaltigste Einschnitt in das Sozialsystem seit Bestehen der Bundesrepublik“. Sei bisher die Höhe des zuletzt gezahlten Gehalts Grundlage für die Berechnung der Arbeitslosenhilfe gewesen, so gäbe es ab 2005 nur noch eine einheitliche Grundsicherung von 345 Euro zuzüglich der Miet- und Heizkosten.
Da ein Anspruch auf eine solche Grundsicherung nur bestehe, wenn das Haushaltseinkommen einer Familie unter der Bedürftigkeitsgrenze liege und Arbeitslose aufgrund verschärfter Zumutbarkeitsregeln Billigjobs weit unter Tarif und ihrer Qualifikation annehmen müssten, bedeute das System für viele Menschen: Armut trotz Arbeit.
Während der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Pumm von Hartz IV nichts wissen möchte, sorgt sich die GAL vor allem darum, dass der Hamburger Senat sie auch vernünftig umsetzt. Hartz sei eine „große Reformaufgabe“, befindet GAL-Chefin Anja Hajduk. Zwar würden auch die Grünen nicht verkennen, dass viele Arbeitslose in Zukunft „mit deutlichen finanziellen Einbußen konfrontiert“ seien. Doch es gelte, die „Voreingenommenheiten“ gegen „eines der größten Reformprojekte“ mit einer eigenen „Kommunikationsstrategie“ zu kontern, glaubt die Bundestagsabgeordnete.
Besonders den zweiten Teil des Gesetzes, die bessere Betreuung von Arbeitssuchenden, gelte es nun konkret umzusetzen. „Die Kürzungen kommen auf jeden Fall, jetzt muss auch die Qualität der individuellen Beratung verbessert werden“, fordert Hajduk. Dazu sollten 17 dezentrale Jobcenter in allen Hamburger Bezirken eingerichtet werden.
Um eine reibungslose Umsetzung der Hartz-Pläne noch zu gewährleisten, müsse der Senat „noch vor der Sommerpause die Umsetzung der Reform auf den Weg bringen“. Hajduk: „Wir haben einen engen Zeitrahmen.“
Die GAL-Chefin spielt damit auf Katastrophenmeldungen aus der Verwaltung an, wonach in Hamburg weder die notwendigen Computerprogramme noch ausreichend geschulte Berater zur Verfügung stünden. Da die Sozialhilfe bislang am Monatsanfang gezahlt wird, das Arbeitslosengeld II aber erst zum Monatsende, droht den Betroffenen zur Jahreswende zudem eine finanzielle Durststrecke von acht Wochen.
Damit ein „finanzielles und organisatorisches Chaos“ für die Zuwendungsempfänger noch vermieden werden kann, forderte SPD-Fraktionsvize Gesine Dräger den Senat auf, umgehend eine „Arbeitsgemeinschaft mit der Hamburger Agentur für Arbeit“ zu gründen und sich auch „am Software-Test“ der Bundesagentur für Arbeit zu beteiligen.