: Im Juni überraschend wenige Arbeitslose
Waren’s die Sommerferien oder die Agenda 2010? Rot-Grün und die Union streiten über Gründe für die guten Zahlen
NÜRNBERG/BERLIN afp ■ Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat den erneuten Rückgang der Arbeitslosenzahl auf die Reformgesetze der Bundesregierung zurückgeführt. Diese machten sich immer deutlicher bemerkbar, erklärte Clement am Dienstag in Berlin. Seit fünf Jahren habe es im Juni keine so deutliche Abnahme gegenüber Mai gegeben, sagte Clement. Die Arbeitslosenzahl war um 85.000 auf knapp 4,26 Millionen gesunken. CSU-Chef Edmund Stoiber forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) dagegen auf, angesichts der „höchsten Sommerarbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung“ für seine Regierung die Sommerpause zu streichen.
Die Arbeitslosigkeit ging nach Angaben der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit vor allem wegen des späten Beginns der Sommerferien sowie ersten Erfolgen der Reformgesetze und stärkerem Druck der Arbeitsämter auf die Arbeitslosen zurück. Die Arbeitslosenzahl sank um 0,2 Prozentpunkte auf 10,2 Prozent. Mit einem Rückgang von 33.000 fiel auch die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit unerwartet deutlich. Die Arbeitslosigkeit erreichte aber dennoch den höchsten Juni-Stand seit der Wiedervereinigung.
Clement bezeichnete den Rückgang als „überraschend“. „Das zeigt, dass wir mit der Reform des deutschen Arbeitsmarktes richtig liegen und jede Verzögerung der Maßnahmen der Agenda 2010 schädlich wäre.“ Durch die neue Maxime „Fördern und Fordern“ der Arbeitsämter sei es gelungen, mehr Arbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Außerdem würden immer mehr Arbeitslose identifiziert, die gar keinen Job suchen – und damit aus der Statistik genommen. Clement betonte aber auch, dass die Höhe der Arbeitslosigkeit „nach wie vor bedrückend“ sei. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Brandner, sprach von einer „Aufhellung“. Es gebe allerdings noch keinen Grund zur Entwarnung.
CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer warf Schröder vor, „viel Spektakuläres angekündigt“, aber noch kein einziges Gesetz beschlossen zu haben, das zu weniger Arbeitslosigkeit führen könnte. Meyer forderte von Schröder „echte Strukturreformen“, denn Deutschland kranke vor allem an einer Strukturkrise und nicht an einer Konjunkturkrise.
Stoiber erklärte, Deutschland stehe womöglich bei Wirtschaft und Arbeitslosigkeit vor dem härtesten Winter seiner Geschichte. Deshalb müsse Schröder jetzt die Sommerpause für seine Regierung streichen und in den nächsten Wochen Gesetzentwürfe für eine „mutige Arbeitsmarktreform“ und eine Steuerentlastung präsentieren. „Die Union ist zu jeder Zeit, auch in der Sommerpause zu Beratungen im Parlament bereit“, erklärte Stoiber.