: Neuer Präsident Iraks fordert Souveränität
Nach der Bildung einer Interimsregierung löst sich der bisherige Regierungsrat überraschend in Bagdad auf
BAGDAD ap ■ Der irakische Regierungsrat hat seinen Kandidaten für das Amt des Übergangspräsidenten durchgesetzt: Nominiert wurde gestern der bisherige Vorsitzende des Gremiums, Ghasi Maschal Adschil al-Jawar. Der von den USA favorisierte Kandidat Adnan Patschatschi lehnte seine Berufung ab. Aus Kreisen des Rats verlautete, Patschatschi habe die Präsidentschaft ausgeschlagen, weil die Mehrheit der Mitglieder al-Jawar unterstütze.
„Wir Iraker freuen uns darauf, durch eine Resolution des Sicherheitsrats die volle Souveränität zurückzuerhalten“, sagte al-Jawar nach seiner Ernennung bei einer Pressekonferenz. So könne ein freier, unabhängiger und demokratischer Irak aufgebaut werden.
Der designierte Ministerpräsident Ajad Allawi stellte gestern sein 30-köpfiges Kabinett vor. Am Nachmittag legten die Minister ihren Amtseid ab. Der bisherige Regierungsrat beschloss daraufhin überraschend seine Auflösung. Bislang war erwartet worden, dass der von den USA eingesetzte Rat erst nach der geplanten Machtübergabe am 30. Juni abtreten würde.
Die Bildung der neuen Interimsregierung wurde überschattet von einem Autobombenanschlag. Auf einen US-Militärstützpunkt im Norden des Landes wurden elf Iraker getötet. Der Sprengsatz detonierte gegen 9 Uhr vor dem Stützpunkt Summerall in der Ortschaft Beidschi, wie ein US-Militärsprecher mitteilte. Beidschi liegt 250 Kilometer nördlich von Bagdad. Ein weiterer Anschlag in Bagdad auf das Büro der kurdischen Partei PUK kostete mindestens zehn Menschen das Leben. Das Gebäude liegt in der Nähe der so genannten Grünen Zone, in der sich der Sitz der US-Verwaltung befindet. Auch in weiteren Teilen von Bagdad waren Explosionen zu hören, kurz nachdem die Nominierung al-Jawars wurde.
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