: Gutachteritis über Stadthalle
SPD für dritte Untersuchung, die klären soll, ob sich der umstrittene Umbau rechnet. Der Grund: Zeitungsartikel hatte Wirtschaftlichkeit angezweifelt
taz ■ Innerhalb eines Monats soll ein neues Gutachten klären, ob sich Um- und Ausbau der Stadthalle wirklich rechnen. „Die SPD-Fraktion hat beschlossen, den Wirtschaftssenator innerhalb von vier Wochen prüfen zu lassen, wie sich der Veranstaltungsmarkt entwickelt“, sagte Max Liess, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD, gestern in der Bürgerschaft.
Ein Zeitungsartikel hätte seine Fraktion veranlaßt, neu über den bereits beschlossenen Stadthallen-Umbau nachzudenken. In der Frankfurter Allgemeinen hätte gestanden, von den großen Veranstaltungshallen in Deutschland könnten derzeit „nur wenige rentabel geführt werden“, sagte Liess. „Eine veränderte Marktlage kann zum Umdenken führen.“
Erst im April vergangenen Jahres hatte sich die SPD-Fraktion für den umstrittenen Umbau des mehrfach ausgezeichneten Zweckbaus aus den 60er Jahren ausgesprochen. Durch den Abriss des charakteristischen Dachs soll die Zahl der Sitzplätze bis Anfang 2005 von 10.500 auf 14.300 gesteigert werden.
Das Gutachten wäre die bis jetzt dritte Untersuchung zum umstrittenen Umbau. Ein vom Wirtschaftsressort in Auftrag gegebenes Gutachten hatte erst Ende vergangenen Jahres für die Erweiterung plädiert. Die „neue“ Halle würde sich in 18 Jahren amortisieren, durch den Umbau würde ein „Medienwert“ von 17,2 Millionen Euro entstehen – die Summe, die man aufwenden muss, um mit Werbung die gleiche Medienpräsenz zu erzielen wie durch die Veranstaltungen.
In die Vorarbeiten wurden bereits fünf Millionen Euro investiert. Im Falle der Aufgabe des Projekts würden auf die Stadt etwa drei Millionen Euro Regresskosten zukommen, sagte Ex-Wirtschafts-Staatsrätin Sibylle Winther (CDU). Nach einigem Zögern hatte sich ihre Fraktion der Bitte der SPD angeschlossen. Allerdings dürfe die neue „Prüfklausel“ kein „Freibrief sein, um damit angefangene Projekte der vergangenen vier Jahre zu kippen.“ Die „Nokia Night of the Proms“ oder die Tischtennis-WM würden ohne Erweiterung nicht mehr stattfinden, Shakira oder Paul McCartney wären gekommen, wenn schon erweitert worden wäre, betonte Winther. Und: „Wenn wir nur sanieren, sinken wir auf Oldenburger Niveau ab.“ Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU) sagte eine „ergebnisoffene Prüfung“ zu.
Es sei „unglaublich, wie mit diesem Teil bremischer Geschichte umgegangen wird“, wetterte Grünen-Chef Klaus Möhle – seine Partei war eigentlich für die Debatte um die Stadthalle mit einem Dringlichkeitsantrag für ein „Moratorium“ verantwortlich gewesen. Vor allem aus architektonischen Gründen sei es wichtig, das Hallen-Dach zu erhalten. Durch den Umbau würden die „Träger zur Farce, die könnte man dann auch als Pappmaché dranhängen.“ ksc