: Ein hemmungsloses Angebot
Arbeitsamt schickt einer 25-Jährigen ein Jobangebot für einen Puff. Die findet das gar nicht lustig. Sachbearbeiterin bedauert, nicht alle Jobangebote auf Seriosität prüfen zu können. Bordellbetreiberin hält Mitarbeiterinnensuche übers Amt für normal
von RICHARD ROTHER
Arbeitslose sollen sich bewegen, anstrengen, strecken, kurz: alles tun, um einen neuen Job zu finden. Mittlerweile kann es dabei auch unter die Gürtellinie gehen. Jedenfalls, wenn das Beispiel von Sabine Hahn (Name geändert) Schule macht. Das erste Arbeitsangebot, das das Arbeitsamt Mitte der jungen Frau vermittelte: eine Tätigkeit in einem Spandauer Bordell.
Ausschlaggebend für das Angebot in dem „Massage“-Salon waren vermutlich die besonderen Qualifikationen, die die 25-jährige Neuberlinerin mitbrachte: „Die Veröffentlichung Ihres Bewerberprofils im AIS [Arbeitgeberinformationsservice, d. Red.] hat zur Nachfrage eines Arbeitgebers geführt. Bitte setzen Sie sich telefonisch in Verbindung mit der Firma“, heißt es in dem Arbeitsamtsschreiben, das der taz vorliegt. Sabine Hahn ist seit April arbeitslos, zuvor hat sie mehrere Jahre als Bedienung in einer Kölner Café gearbeitet. Ihr Profil: Sie würde auch hinterm Tresen stehen und nachts arbeiten.
Für den Spandauer Massage-Salon ist Hahn damit wohl eine interessante Bewerberin. „Wir suchen Frauen, nette aufgeschlossene und hübsche Frauen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren, die zu Ihrem Job und Ihrem Team stehen“, heißt es auf der Internetseite des Etablissements. Ihr Job: die Kunden so zufrieden zu stellen, wie sie es wünschen. „Wir verwöhnen Dich mit heißen Küssen, zärtlichen und kuscheligen Massagen oder mit hemmungslosem Sex. Modelle für alles, was Spaß macht!“
Sabine Hahn findet das alles wenig lustig. Sie habe gleich zu Beginn ihrer Arbeitslosigkeit einen Arbeitsamtskurs besucht, in dem ihr die verschärften Zumutbarkeitsregeln erklärt worden seien, sagt sie. „Dass Sexarbeit zumutbar ist, kam dabei nicht vor.“ Es sei schon „ein bisschen hart, wenn das Arbeitsamt davon ausgeht, dass man es am besten im Puff versuchen sollte“. Jetzt erwartet sie, dass das Amt sich wenigstens entschuldigt.
Die zuständige Amtsmitarbeiterin kann die Aufregung nicht ganz verstehen. Sie sei verpflichtet, jede Arbeitgeberanfrage weiterzuleiten. „Wenn eine Gaststätte einen Barmixer sucht, kann ich nicht überprüfen, ob das eine Bordellbar ist.“ Täglich kämen hunderte Anfragen. Stelle sich ein Angebot als unseriös heraus, werde es aus dem System genommen. Dabei sei das Amt auch auf die Mitarbeit seiner Kunden angewiesen. Joblose müssten ein solches Angebot, das „nicht böse gemeint war“, selbstverständlich nicht annehmen. „Da passiert ihnen nichts.“
Auch nach der Erfahrung der Bordellbetreiberin ist das Arbeitsamt normalerweise nicht so kooperativ wie in diesem Fall. Drei Frauen arbeiten im Moment bei ihr, zwei weitere könne sie noch gebrauchen, sagt sie. Allerdings habe es das Arbeitsamt mehrfach abgelehnt, „Leute vorbeizuschicken“. Dass es bei Sabine Hahn geklappt hat, liegt offenbar daran, dass die Betreiberin sie direkt aus dem AIS herausgepickt hatte. Interessierte Frauen könnten bei ihr fest angestellt werden oder auf Honorarbasis arbeiten, gibt sie sich großzügig. Dass sie übers Arbeitsamt Frauen sucht, findet sie selbstverständlich. „Ich bezahl doch auch meine Steuern.“
Eine neue Mitarbeiterin hat das Bordell bereits gefunden – auf der Internetseite werden nicht nur „Rollen- und Lesbenspiele“, sondern auch eine „neue blonde Domina“ vorgestellt: „Sie ist heiß und scharf auf Deinen Körper. Sie ist sehr professionell und beherrscht alle SM-Spiele.“