: Die gnä’ Frau Generalin
In ihrer Regentschaft als ORF-Generaldirektorin hat sich Monika Lindner bisher nicht viele Freunde gemacht. Dafür hält sie Österreichs öffentlich-rechtliches Fernsehen frei von Einflüssen der Opposition
aus Wien RALF LEONHARD
Mit „Respekt und Demut“ würde sie ihre Macht ausüben, versprach Monika Lindner nach ihrer Wahl zur ORF-Generaldirektorin im Dezember 2001. Ihre Untergebenen haben die knapp anderthalbjährige Herrschaft der studierten Theaterwissenschaftlerin als wenig demütig empfunden. Die 58-Jährige hat sich den Ruf der knallharten Managerin geschaffen, die gleichzeitig ihren wichtigsten Auftrag erfüllt: das öffentlich-rechtliche Fernsehen von Einflüssen der Opposition frei zu machen.
RedakteurInnen, die der Sympathien zu SPÖ oder Grünen verdächtigt werden, fanden sich auf Korrespondentenposten verschoben oder mit Sendungen betraut, wo sie kein Unheil anrichten können. Die Kommunikation funktioniert einseitig vertikal: von oben nach unten. Mehrmals brüskierte sie durch ihr Fernbleiben die Mitarbeiter, die ihr gemeinsam ihre Anliegen und Beschwerden vortragen wollten. Terminkollision, keine Dialogverweigerung, stellte sie klar. Doch die Kommunikationsprobleme im Haus halten an.
Man kann Frau Lindner nicht vorwerfen, dass sie für ihren Job nicht qualifiziert wäre. Vor 28 Jahren debütierte sie mit dem TV-Magazin „Querschnitte“, gestaltete im Laufe der Zeit verschiedene Vorabendsendungen wie „Willkommen Österreich“ und landete schließlich in der Stabsabteilung Planung und Koordination. Zwischendurch, unter ihrem Vorvorvorgänger Gerd Bacher, fungierte sie als Leiterin der Presseabteilung. Die wirklich steile Karriere der Monika Lindner begann aber, als der machtbewusste Landeshauptmann von Niederösterreich, Erwin Pröll, sie als Leiterin des Landesstudios nach St. Pölten holte.
Unter ihrer Führung baute sie das Landes-TV zu einer permanenten Erwin-Pröll-Show um. Seiner ständigen Medienpräsenz hat der Landesfürst nicht zuletzt seine hohen Popularitätswerte und seine absolute Mehrheit bei den Landtagswahlen Ende März zu verdanken. Diese Verdienste um die ÖVP dürften auch das Kriterium sein, das die Medienmanagerin in den Augen von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zur Leiterin der unter dem Schlagwort Entpolitisierung verkauften Umgestaltung des Staatsfernsehens qualifizierte. Sie hat zwar kein Parteibuch, doch sorgte sie durch ihre Personalpolitik für tiefschwarze Einfärbung. Medienbeobachtungsinstitute, die die Auftritte von Politikern messen, zeigen einen Vorsprung für die ÖVP, der ihr politisches Gewicht um ein Vielfaches übersteigt. So wurden RedakteurInnen, die mit Berichten über Armut, Menschenrechte und Asylfragen aufgefallen waren, versetzt. Die Moderatoren der Minderheitensendung „Heimat, fremde Heimat“ setzte sie handstreichartig ab. Und im Unterhaltungsprogramm regiert – von Champions League bis Thomas Gottschalk – die Quote noch unbarmherziger als unter Lindners Vorgängern.
Das Politmagazin Profil führte Monika Lindner vor einem Jahr in einem Bericht über Österreichs mächtigste Frauen an erster Stelle: vor der damals noch amtierenden Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (FPÖ) und den Ministerinnen Elisabeth Gehrer und Benita Ferrero-Waldner.
Immerhin kommandiert sie ein 850 Millionen Euro schweres Unternehmen mit 3.200 Mitarbeitern. Privatfernsehen ist zwar inzwischen gesetzlich erlaubt, doch bleibt der ORF weiterhin ohne Konkurrenz.
Den Tag ihrer Wahl sah Lindner zwar als „Freudentag für die Frauen“, einen feministischen Aufbruch hat sie aber nicht eingeleitet: Nur in einem einzigen Landesstudio wurde eine Frau eingesetzt. Die Hobbyjägerin frönt eher männlich besetzten Leidenschaften.
Doch auch die Durchsetzungsfähigkeit der Generaldirektorin ist fraglich. Mit ihrem Vorstoß, die Regierung möge doch ihre Subvention für den mehrsprachigen Kurzwellensender „Österreich International“ wieder aufnehmen, blitzte sie ab. Die internationale Stimme Österreichs ist mangels Finanzierung eingestellt worden.