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Archiv-Artikel

Allein in die Fremde

Weil sie volljährig wird, droht einer jungen Kurdin die Abschiebung und damit die Trennung von ihrer Familie

Von jan

ITZSTEDT taz ■ Merdiye Erman hat Angst vor ihrem Geburtstag. Im September wird die Norderstedter Schülerin 18 Jahre alt – für den Gesetzgeber alt genug, um von ihren Eltern und Geschwistern getrennt und in die Türkei abgeschoben zu werden. Gestern protestierten deshalb ihre MitschülerInnen des Schulzentrums-Süd vor dem Ortsamt im schleswig-holsteinischen Itzstedt, wo Familie Erman wohnt. Unter dem Motto „Merdiye bleibt bei uns“ überreichten sie Landesinnenminister Klaus Buß (SPD) bei seinem Besuch eine Liste mit 600 Unterschriften gegen die geplante Abschiebung.

Merdiye würde zurück in die kurdische Provinz Mardin geschickt. Von dort musste ihre Familie 1996 fliehen, nachdem ihr Dorf bei Kämpfen zwischen der kurdischen Guerilla PKK und der Armee zerstört wurde. „Dort hat sich die Lage für Frauen seit Jahren sehr verschlechtert“, so Perihan Özbolat, Flüchtlingsberaterin der Diakonie in Norderstedt. Ihr zufolge häufen sich in der Lokalpresse Meldungen über Morde an Töchtern, wenn diese nur losen Kontakt zu Jungen hatten. Ebenso werde vermehrt über Suizide junger Frauen berichtet.

Familie Erman ist seit acht Jahren hier geduldet. Ein dritter Asylantrag wurde vorläufig negativ entschieden. Es besteht jedoch ein Abschiebehindernis, weil der Vater durch Haft und Folter traumatisiert ist und psychotherapeutisch behandelt wird. In den nächsten Monaten muss er sich beim Gesundheitsamt Norderstedt vorstellen. Hält der Amtsarzt den Flug in die Türkei für zumutbar, muss die komplette Familie ausreisen.

Doch begonnen wird jetzt mit der ältesten Tochter. Merdiye leidet unter der angedrohten Abschiebung in ein Land, dass sie kaum kennt. Özbolat berichtet, dass Merdiye von der Real- auf die Hauptschule wechseln musste, weil sich der Stress auf ihre Noten auswirke. Doch die Ausländerbehörde im Kreis Segeberg erklärt: „Merdiye fällt mit 18 aus dem Schutz der Kernfamilie heraus. Da gibt es für uns keinen Ermessensspielraum.“ jan