Bush greift Berlusconi unter die Arme

Auf dem Weg in die Normandie macht der US-Präsident Station im Rom. Italiens Regierungschef kann seine Unterstützung im EU-Wahlkampf gut gebrauchen. Die Opposition ist angesichts möglicher Proteste gegen den Irakkrieg gespalten

AUS ROM MICHAEL BRAUN

Am heutigen Freitag feiert Rom den 60. Jahrestag der Befreiung von Hitlers Wehrmacht. Doch das Befreiungsfest beschert der Stadt den Belagerungszustand. Als Stargast nämlich ist US-Präsident George Bush angekündigt, der mit seiner Präsenz nicht bloß für Terroralarm der höchsten Stufe sorgt, sondern auch für massive Proteste der italienischen Antikriegsbewegung.

Bush kommt auf der Durchreise in die Normandie nach Italien, um seinem treuen Alliierten Silvio Berlusconi im laufenden Europa-Wahlkampf ein wenig unter die Arme zu greifen. Italiens Ministerpräsident, dessen Forza Italia mit miserablen Umfragewerten kämpft, hat den Befreiungstag vor allem als Gelegenheit entdeckt, einerseits eine Dankbarkeitsshow Richtung USA abzuziehen und sich andererseits an der Seite Bushs als Staatsmann von Weltbedeutung ins rechte Licht zu setzen. Entsprechend fällt die Rhetorik der Regierung aus: Ganz offen wird der Bogen vom Zweiten Weltkrieg zum Irakeinsatz geschlagen; damals wie heute seien die Amerikaner weltweit im Einsatz, um Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen.

Italiens Opposition macht diese Gleichung nicht mit: Alle Mitte-links-Parteien lehnen den Bush-Besuch als „inopportun“ ab; der Kriegsherr von heute habe kein Recht, die Befreiungstat der USA von gestern für sich zu instrumentalisieren. Die Geister scheiden sich aber an den möglichen Protesten. Das Gros der Opposition – Romano Prodis Listenbündnis „Geeint im Ölbaum“ – lehnt Straßendemonstrationen ab und fordert die Bürger auf, stattdessen die Friedensfahne aus dem Fenster zu hängen. Dahinter steht die Angst vor möglichen Ausschreitungen, die unweigerlich von der Rechten im Wahlkampf instrumentalisiert würden. In der Tat beschwört das Berlusconi-Lager schon seit Wochen die Gefahr von Straßenschlachten; die Regierung hat 10.000 Polizisten in der Stadt zusammengezogen – und Bush bringt dazu noch 500 Sicherheitsleute mit. Ganze Viertel und die Fahrstrecken Bushs werden weitgehend abgeriegelt werden – der Verkehr dürfte heute total zusammenbrechen. Wenigstens ein Ziel hat die Gewaltdebatte im Vorfeld schon erreicht: Auch zahlreiche katholische Organisationen und die beiden großen Gewerkschaftsbünde CGIL und CISL mobilisieren diesmal nicht.

„Die Debatte ist doch vollkommen bizarr“, echauffiert sich deshalb ein Provinzfunktionär von Rifondazione Comunista, „die Regierung führt Krieg im Irak und nennt das Friedenseinsatz, wir dagegen, die wir für den Frieden auf die Straße gehen, werden laufend als potenzielle Gewalttäter abgestempelt.“ Kommunisten, Grüne, der militantere Flügel der Friedensbewegung haben für heute Nachmittag im Zentrum Roms zu einer Großdemonstration gegen Bush aufgerufen. Angesichts der Spaltungen in der Friedensbewegung wagt aber niemand Vorhersagen, ob es diesmal wieder wie zuletzt im März gelingt, hunderttausende gegen Bushs und Berlusconis Irakengagement auf die Straße zu bringen.