piwik no script img

Archiv-Artikel

Ein Archäologe gräbt nach Afrikas Zukunft

Die Afrikanische Union bestimmt heute Malis Exstaatschef Alpha Oumar Konaré zu ihrem ersten Präsidenten

Für einen Idealkandidaten dauerte es ziemlich lange, bis sein Erfolg sicher war. Alpha Oumar Konaré stand als zukünftiger Präsident der Afrikanischen Union (AU) erst fest, als diese Woche sein Herausforderer und Vorgänger Amara Essy seine Kandidatur freiwillig zurückzog. Essy, ehemaliger Außenminister der Elfenbeinküste, hatte zwei Jahre lang den Übergang von der alten Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) in die AU organisiert und wollte eigentlich weitermachen. Aber Konaré wäre nicht zu schlagen gewesen und kann damit heute einstimmig beim AU-Gipfel in Mosambik in das höchste politische Amt Afrikas gehievt werden.

Galt Essy als ideenreich, aber letztlich kraftlos, soll der schon von der Statur her imposante Konaré sein volles Gewicht geltend machen. Als ehemaliger Präsident von Mali zwischen 1992 und 2002 erwarb er sich auf dem ganzen Kontinent den Ruf eines integren Demokraten. Nach seiner zweiten Amtsperiode verzichtete Konaré im Einklang mit Malis Verfassung auf eine erneute Präsidentschaftskandidatur – in Afrika ist das eher selten. Und es war bei der Amtsübergabe an seinen gewählten Nachfolger Amadou Toumani Touré am 8. Juni 2002, dass Westafrikas Staatschefs Konaré die AU-Führung antrugen.

Sein Programm dafür hatte Konaré zwei Wochen vorher in einer Rede dargelegt. „Es gibt keine Perspektive für Afrika außer der Integration“, erklärte er. „Die Integration ist eine Notwendigkeit, um den Herausforderungen der Globalisierung zu begegnen, denen niemand entkommt.“ Er forderte eine AU, die „dazu beiträgt, Frieden, Sicherheit und Stabilität auf dem Kontinent zu konsolidieren“. Mali ist eines der wenigen Länder, das in der Verfassung Souveränitätsverzicht zugunsten der AU festschreibt.

Dass er in langen Zeiträumen denkt, hat vielleicht damit zu tun, dass Konaré gelernter Archäologe ist. Geboren am 2. Februar 1946 im westmalischen Kayes, machte er seinen Archäologiedoktor 1975 in Warschau und leitete danach in Mali die ethnologische Forschungsabteilung des Instituts für Humanwissenschaften. Ein Ausflug in die Politik als Kulturminister 1978–1980 scheiterte an Differenzen mit Malis damaligem Diktator Moussa Traoré. Zu dessen späterem Sturz trug er bei, indem er die Allianz für Demokratie in Mali/Afrikanische Partei für Solidarität und Gerechtigkeit (Adema/PASJ) mitgründete, die eine führende Rolle beim Volksaufstand gegen Traoré 1991 spielte. Als das Militär danach die Macht übernahm und 1992 freie Wahlen organisierte, siegte Konaré.

Viele Neuerungen, die heute für afrikanische Demokraten selbstverständlich scheinen, gehen auf Initiativen Konarés zurück: zum Beispiel, dass Amtsträger bei ihrer Amtsübernahme ihr Vermögen deklarieren müssen oder die Einrichtung öffentlicher Petitionssitzungen, auf denen jeder Bürger seine Probleme mit den Behörden darlegen kann. Seine neue Rolle als Führer des Panafrikanismus geht auf alte linke Jugendträume zurück, behauptete kürzlich seine Ehefrau Adama Ba Konaré. „Als er jung war, las er Che Guevara, während seine Freunde ins Kino gingen“, sagte sie. Er selbst erklärte sich zum Schüler von Malis erstem Präsidenten Modibo Keita, der vergeblich Mali mit anderen ehemaligen französischen Kolonien vereinigen wollte. Nun kann Konaré das verwirklichen.

DOMINIC JOHNSON