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Archiv-Artikel

Eine fesselnde Bewerbung

Senat weist Berichte über Häftlingsprotest in „Santa Fu“ zurück und will auch von Schikane gegen Gefangene nichts wissen. Opposition will Licht ins Knast-Dunkel bringen

Martin Schäfer traute seinen Ohren kaum. Innerhalb von zwei Tagen bekam der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete von zwei verschiedenen „glaubhaften“ Personen eine unglaubliche Geschichte erzählt: Am 24. Mai wurde demnach ein Häftling der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel, der lediglich noch eine zweimonatige Reststrafe zu verbüßen hatte, bei einem Bewerbungstermin bei einem Hamburger Unternehmen von zwei Beamten in Fußfesseln vorgeführt, die während des Vorstellungsgespräches nicht abgenommen wurden. Nach dieser wenig vorteilhaften Präsentation des Bewerbers erhielt dieser den Job nicht.

Schäfer will nun in einer Kleinen Anfrage an den Senat wissen, mit welcher Begründung dem Häftling diese wenig chancenfördernde Prozedur zugemutet wurde und ob Gefangene regelmäßig so zu Bewerbungsterminen erscheinen müssen. Zudem interessiert den Abgeordneten, wie sich die gefesselte Vorführung mit dem Resozialisierungsauftrag verträgt. Schäfer: „Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, bin ich gespannt darauf, wie aus Sicht der Justizbehörde so eine Integration Strafgefangener in Arbeit und Gesellschaft erreicht werden soll. Mit dem Schutz elementarer Menschenrechte hat das nichts zu tun.“

Fraglich ist jedoch, ob der SPD-Abgeordnete umfangreiche Antworten bekommt. Der Blick über die Mauer gestaltet sich schwierig – vor allem, wenn die steinernden Wälle noch mit einer Mauer des Schweigens umgeben sind. Diese Erfahrung machte jetzt der GALier Till Steffen. Seine Anfrage über die Haftbedingungen in „Santa Fu“ beantwortete der Senat nicht nur denkbar knapp, sondern nach taz-Informationen zumindest in Teilen auch wahrheitsfern.

Obwohl selbst Mitarbeiter des Fuhlsbüttler Knasts berichten, das Kurs- und Weiterbildungsangebot für Häftlinge sei in den vergangenen Monaten weiter eingeschränkt worden, bestreitet der Senat jede Reduzierung. Auch dass die interne Revisionsgruppe ohne Ankündigung Mobiliar aus den Zellen enfernt haben soll, das jahrelang geduldet wurde, und dabei persönliche Gegenstände von Gefangenen beschädigt habe, ist dem Senat „nicht bekannt“, obwohl es zahlreiche Beschwerden Betroffener gibt. Ein Gefängnismitarbeiter: „Die Antworten des Senats haben mit der Anstaltswirklichkeit nichts zu tun.“ Marco Carini