Schulleiter-Protest : Das Prinzip Sündenbock
Das ist schon skurril: Da klagen SchulleiterInnen über die schwierige Lage der Schulen in ihrem Bezirk. Dass sie daraufhin von der Integrationsbeauftragten des Bundes, der CDU-Politikerin Maria Böhmer, zum Gespräch geladen wurden, wunderte manchen: Bildung ist Landes-, in Berlin teils Bezirkssache – mehr als moralische Unterstützung oder, weniger freundlich gesagt, Lippenbekenntnisse waren von dem Termin im Bundeskanzleramt nicht zu erwarten.
KOMMENTAR VON ALKE WIERTH
Dass die SchulleiterInnen ihn trotzdem annehmen, ist nachvollziehbar: Ihnen ist jede Aufmerksamkeit für ihre Probleme recht. Dass der Landesintegrationsbeauftragte Günter Piening die Teilnahme ablehnt, ist ebenso richtig. Piening wusste um den Showcharakter des Treffens und befürchtete zu Recht, dass das passieren würde, was fast immer passiert, wenn über Bildungsprobleme geredet wird: Deren Ursache wird vor allem bei den Einwanderern und ihren Kindern gesehen.
Nun wird mal nicht die Einwanderercommunity, sondern der Integrationsbeauftragte selbst zum Sündenbock gemacht. Piening müsse gehen, fordert der integrationspolitische Sprecher der CDU, Kurt Wansner: „Realitätsverlust“ wirft er ihm vor, weil der vom Senat berufene Integrationsexperte darauf hinweist, dass herunterfallende Deckenplatten und undichte Fenster, Lehrermangel und knappes Budget der Schulen nicht Einwanderern anzulasten seien. Und auch in andere Richtung, aus der Unterstützung für Piening kam, teilt Wansner kräftig aus: Dem Türkischen Bund, Entwickler und Träger vieler integrativer Projekte in Berlin, vorzuwerfen, dass er „bockig die Hände in den Schoß“ lege, ist mehr als realitätsfern. Hier wirkt das klassische Sündenbocksyndrom: Können Probleme nicht mehr geleugnet, auch nicht gelöst werden, sucht man einen, der schuld ist, und jagt ihn fort – in der Hoffnung, dass er auch die eigenen Sünden mitnimmt.