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Archiv-Artikel

„Wer soll noch alles Sonnenmilch verkaufen?“

Wolfgang Witzke, Inhaber des Fliegerladens am Flughafen Tempelhof, befürchtet drastische Einbußen wegen Strieders Renaturierungsprogramm. Er plädiert für eine produktive Nutzung und „ökologischen Flugbetrieb“

taz: Nach dem Willen des Senats soll der Flughafen Tempelhof bis 2004 nun doch abgewickelt werden. Was bedeuted das Ihrer Meinung nach?

Wolfgang Witzke: Ich denke, ganz klar, das hat Nachteile für die Wirtschaft Berlins. Denn der Flughafen wird von einer speziellen und für die Wirtschaft wichtigen Klientel genutzt. Außerdem sind hier jetzt 500 Leute beschäftigt – Feuerwehr, Bodenpersonal, und Tower. Dazu kommen Läden wie meiner.

Was halten Sie von den Vorschlägen von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD), der aus dem Flughafen einen Themenpark mit Liegewiese machen will? In so einem Park könnten dann hunderttausende Besucher Platz finden.

Ich bin absolut der Meinung, die gesamte Anlage würde verwahrlosen. Schon durch Müll und kaum kontrollierbares Grillen. Nur ein fortbestehender Flugbetrieb sichert die wirtschaftliche Infrastruktur des Bezirkes und ganz Berlins. Sonnenbadende würden ja nur konsumieren, und sich nicht an der langfristigen Entwicklung Tempelhofs beteiligen.

Der jetzige Flughafen hat Vorteile, und die werden nach wie vor genutzt. Regelmäßig rollen Eskorten mit Polizeibegleitung vom Gelände. Politik, Showbusiness und Wirtschaft. Vor ein paar Tagen startete und landete Robbie Williams hier.

Wenn künftig doch ein Themenpark draus werden sollte, steigen Sie dann auf den Verkauf von Sonnencremes um?

Was soll ich dann bitte im Winter machen? Okay, es gibt eine Möglichkeit. Wenn der Senat den Absatz genauso garantieren würde, wie er es dem privaten Baukonsortium für Schönefeld versprochen hat! Gäbe es eine Bestandsgarantie für den Flughafen, würde ich meinen Fliegerladen sogar vergrößern. Aber bei einem Park rechne ich mit 20 bis 30 Prozent Umsatzeinbußen.

Meine Kunden sind Piloten, Crewmitglieder und Geschäftsreisende. Die fallen dann weg. Dazu kommen viele Sammler. Die Leute suchen einen Gegenpol zu Ihrem Alltag, und mein Laden bietet alles, was man nicht braucht – Toys for boys, sozusagen. Ich habe mir hier in mühevoller Kleinarbeit eine Nische aufgebaut. Das wäre dann ab 2004 gefährdet. Nicht nur ich wäre betroffen, sondern auch die Läden und Restaurants der Umgebung. Wer soll denn dann noch alles Sonnenmilch verkaufen?

Wie soll die Zunkunft des Geländes aussehen?

Schlicht gesagt: die Beibehaltung des Flugbetriebes. Natürlich unter ökologischen Gesichtspunkten.

Wie geht das denn?

Also weiterhin keine Nachtflüge und nur kleines und leises Fluggerät. Urlaubsflieger und Charterflüge darf es auch in Zukunft nicht geben. Tempelhof soll ja auch keine Konkurrenz zu einem möglichen Großflughafen werden. Die Teilflächen Richtung Hasenheide, die jetzt ungenutzt sind, könnten ausgebaut und selbstverständlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. INTERVIEW: HANNES HEINE