: Freie Heide Tempelhof
Ab Oktober 2004 sollen keine Flugzeuge mehr in Tempelhof starten. Stadtentwicklungssenator Strieder möchte eine große Wiese auf dem Flughafengelände wachsen lassen. Die bessert das Klima
von RICHARD ROTHER
Auf dem Tempelhofer Flughafen sollen bald Wiesenblumen und Heidesträucher blühen. So jedenfalls stellt sich Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) die Zukunft des 450 Hektar großen innerstädtischen Areals vor, das schon im nächsten Jahr als Flughafen ausgedient haben dürfte. Denn die Flughafenholding, die die drei Berliner Flughäfen Schönefeld, Tempelhof und Tegel betreibt, hat bei Strieders Behörde beantragt, den Flughafen Tempelhof im Oktober 2004 dichtzumachen.
Sollte der Antrag genehmigt werden, bedeutete dies aber noch nicht die endgültige, sondern nur die faktische Schließung. Denn die Flughafenbetreiber wollen lediglich von der Pflicht entbunden werden, einen Flughafen zu betreiben. Hintergrund sind die jährlich rund 20 Millionen Euro Verlust, die der innerstädtische Airport den Flughafeneignern, den Ländern Berlin und Brandenburg sowie dem Bund, einfliegt. Mit der Nichtnutzung des Flughafens soll offenbar ein kleines Hintertürchen für den – allerdings unwahrscheinlichen – Fall offen gehalten werden, dass sich ein privater Investor bereit erklärt, die Verluste zu schultern.
Das eigentliche Verfahren zur Schließung Tempelhofs ist von dem jetzigen Antrag nicht berührt. Nach dem so genannten Konsensbeschluss zwischen den Flughafeneignern soll Tempelhof in dem Moment endgültig geschlossen werden, in dem ein gerichtsfester Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Flughafens Schönefeld vorliegt. Nach den bisherigen Plänen könnte ein Planfeststellungsbeschluss Ende 2003/Anfang 2004 kommen; die folgenden Gerichtsverfahren dürften mindestens ein Jahr dauern.
Mit dem Antrag auf Nichtnutzung des Flughafens baut die Flughafenholding solchen Zeitverzögerungen vor. Allerdings betreten die Planer mit einem solchen Antrag juristisches Neuland. Zurzeit berieten die Fachleute, wie die Außerbetriebnahme zu regeln sei, sagte gestern Strieders Sprecherin Petra Reetz. „Das ist aber machbar.“
Die Zukunft des innerstädtischen Areals steht aber noch in den Sternen. „Wir wollen eine große, grüne Wiese“, so Strieder-Sprecherin Reetz. Eine freie, unverbaute und unbewaldete Fläche sei für das Stadtklima von enormer Bedeutung. „Das bringt Frische in die Stadt.“ Am Rand des Geländes könnte es auch vereinzelte Wohnbebauung geben.
Eine grüne Wiese, bei der man die Natur sich selbst überlassen würde, hätte aber noch einen weiteren Vorteil – sie ist billig. Schließlich müsste etwa ein Park, den man an der gleichen Stelle anlegen könnte, gehegt und gepflegt werden.
Insofern könnte die Armut der Stadt ausnahmsweise einmal den Berlinern nutzen, die künftig vielleicht mitten in der Stadt stundenlang durch eine freie Heidelandschaft streifen können. Eine intensive wirtschaftliche Nutzung des riesigen Areals – etwa durch dichte Wohnbebauung oder Gewerbegebiete – macht jedenfalls wenig Sinn. Wohnungen würde bei der derzeitigen Lage auf dem Wohnungsmarkt kein privater Investor bauen, und auch Gewerbeflächen stehen genügend zur Verfügung – wenn auch Autobahn- und U-Bahn-Anschluss des Flughafengeländes attraktiv erscheinen.
Davon könnte eine weitere Idee profitieren, die ebenfalls diskutiert wird: auf dem Gelände einen riesigen Freizeitpark zu errichten, der museal Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Luftverkehrs thematisiert. Das könnte Touristen in die Stadt locken. Fehlt nur: ein privater Investor, der die Idee umsetzt. Was folgt daraus? Die Chancen stehen nicht schlecht: für die freie Heide Tempelhof!