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Archiv-Artikel

Elend mit der Bahn

Plädoyer für eine weiter gehende Reform der Bahnreform. Eine Reiseerfahrung Mannheim–Köln mit Plan & Spar: 150 Euro

von CLAUDIA BROEZEL

Geschäftstermin in Köln. Sieben Tage vor Beginn meiner Reise weiß ich, wann ich wo sein muss. Dementsprechend buche ich über das Internet ein Plan-&-Spar-Ticket der Deutschen Bahn mit der Strecke Mannheim–Köln–Mannheim. Damit bekomme ich 25 Prozent Ermäßigung auf den Standardtarif mit der Auflage, nur die gebuchten Züge zu nutzen.

Der Abreisetag kommt, und trotz Verspätungen der Züge reise ich im überfüllten Raucherwagen ohne größere Vorkommnisse fast pünktlich nach Köln. Nachdem ich meine geschäftlichen Termine wahrgenommen have, flitze ich zu meinem Zug, da ich ja unbedingt die gebuchte Verbindung wahrnehmen muss, sonst verfällt das Ticket (Plan-&-Spar-Ticket). Ich erreiche den Kölner Hauptbahnhof, mein Ziel und die Abfahrtszeit im Kopf. Ein Blick auf die große Tafel sagt mir, mein Zug mit der Abfahrtzeit 16:53 Uhr und Ziel Mannheim fährt von Gleis 7. Mit einem weiteren Blick auf die Anzeigetafel direkt am Bahnsteig vergewissere ich mich nochmals: Fahrtziel Mannheim, Abfahrt 16:53 Uhr. Am gegenüber liegenden Gleis wird rangiert – ein Teil eines ICE steht dort, und auf der Bahnsteigtafel wird lediglich eine Nummer, kein Zielort angezeigt.

Mein Zug fährt auf Gleis 7 ein, ich steige ein, und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Die junge Schaffnerin sieht sich mein Onlineticket genau an, kontrolliert nochmals meine Bahncard (1. Klasse, die ich auch fälschlicherweise anstatt einer 2. Klasse erhalten habe, nun nicht mehr umtauschen kann, aber das ist eine andere Geschichte) und meint dann, ich befände mich im falschen Zug! Nun, ich kann das nicht ganz nachvollziehen, da ich mich exakt in dem Zug befinde, der um 16:53 Uhr den Kölner Hauptbahnhof mit Fahrtziel Mannheim verlassen hat. Sie erklärt mir, dass mein Zug am gegenüber liegenden Gleis gefahren sei, ein ICE, ich aber befinde mich in einem EC. Ich müsse nun eine neue (!) Fahrkarte lösen, da meine Fahrkarte in diesem Zug ungültig sei.

Das will mir nun nicht einleuchten. Ich sitze in einem Zug, dessen Ticket zur gebuchten Abfahrtszeit billiger zu haben gewesen wäre (EC, nicht ICE). Nur habe ich offensichtlich, weil der ICE Verspätung hatte und die Anzeige am entsprechenden Gleis nicht vollkommen war, den falschen Zug genommen. Deshalb soll ich eine komplett neue Fahrkarte für die Rückfahrt Köln–Mannheim kaufen?

Nachdem ich mein Unverständnis geäußert habe, verliert die Schaffnerin ihre bis dahin nette Freundlichkeit und möchte meine Personalien. Ich verweigere ihr die Aushändigung meiner Papiere mit dem Hinweis, diese Informationen seien über meine Bahncard gespeichert. Doch sie klärt mich nochmals darüber auf, dass ich mit dem Kauf eines Plan-&-Spar-Tickets einen bestimmten Zug gebucht hätte, in dem ich nun nicht säße. Auch wenn Uhrzeit und Ziel stimmten, die Zugnummer sei falsch, und damit habe mein Ticket keine Gültigkeit!

Als ich mich standhaft weigere, ihre Argumentation anzunehmen und ein neues Ticket zu kaufen, droht die Schaffnerin nun mit dem Zugchef. Den möchte auch ich gerne sehen!

Der Zugchef kommt und fragt, wo mein Problem liege. „Ich habe eigentlich kein Problem. Nur Ihre Kollegin will, dass ich eine neue Fahrkarte löse“, erwidere ich. Daraufhin wird er leicht ungehalten und klärt mich leise und sehr eindringlich auf, dass ich nun sofort das neue Ticket zu bezahlen oder andernfalls an der nächsten Station – in Bonn – auszusteigen habe! Doch ich bin unnachgiebig. Der Zugchef erklärt, in diesem Fall müsse ich abtransportiert werden.

Ankunft Bonn Hauptbahnhof. Zwei uniformierte Beamte kommen in mein Abteil und klären mich freundlich, aber bestimmt auf, den Zug sofort mit ihnen verlassen zu müssen. Andernfalls müssten sie mich hinaustragen. Ich verlasse den Zug auf eigenen Beinen. Am Ausstieg steht der Zugchef, verabschiedet mich mit wütenden Beleidigungen und händigt mir einen Strafzettel über 40 Euro für „Fahren ohne Fahrgastschein“ aus. Meine Fahrkarte wird dem Bundesgrenzschutz (BGS) übergeben.

Auf dem Bahnhofsrevier überprüfen die beiden Beamten meine Identität. Nebenbei erfahre ich, dass diese Methode (Einsatz vom BGS) mittlerweile neue Methode der Bahn sei, die aber auf wenig Begeisterung seitens der Beamten zu stoßen scheint. Einer der BGS-Polizisten liest meine Fahrkarte und wird auf den Satz aufmerksam, der klein gedruckt unter den Hinweisen steht: „Bei Normalpreisen auch in anderen als in der Reiseverbindung angegebenen Zügen innerhalb der Geltungsdauer gültig.“ Für ihn und mich ist das ein eindeutiger Hinweis, dass ich hätte sitzen bleiben dürfen. Gemeinsam mit den Bahnbeamten begebe ich mich daraufhin in das leere DB-Reisebüro.

Die nette Angestellte im Reisebüro der Deutschen Bahn gibt mir zu verstehen, dass hier ein Plan-&-Spar-Ticket vorliege und dafür eben nur die genannten Züge (einer hin und einer zurück) gälten. Für alle anderen Züge sei das 67 Euro teure Ticket wertlos. Abweichungen könnten höchstens durch die DB zustande kommen. Ach so: Wenn die DB sich verspätet, ist das okay. Wenn ich aber die Zugnummer nicht im Kopf habe (Zeit und Bestimmungsort stimmen jedoch überein), dann gilt das nicht. Ich komme nicht umhin, für die Rückfahrt ein neues Ticket zu kaufen. Ich kann um 18.22 Uhr mit einem Regionalzug wieder nach Köln fahren und von dort aus den ICE um 18.53 Uhr zwei Stunden später nach Mannheim nehmen. Das Ganze kostet mich nur 46,95 Euro. Wieder im Zug, bekomme ich leichte Panik beim Anblick der Kontrolleurin. Doch Zug, Zugnummer und Uhrzeit stimmen, ich darf sitzen bleiben.

Nachdenklich stimmt mich die Reiseerinnerung, die ich beim zweiten Umsteigen in Köln vor dem Bordbistro lese: „Wer das Alte ganz wegwirft, wird das Neue nicht lange behalten.“ Diese Weisheit macht mir dann doch Mut, dass die Deutsche Bundesbahn eines Tages vielleicht doch versteht. Ich bin da ganz optimistisch … Bis das so weit ist, fahre ich in Zukunft Auto oder nehme ein Flugzeug!