: Neue Säue aus der Innenbehörde
Hamburgs parteiloser Innensenator Udo Nagel arbeitet an seinem Image als Meister der unabgestimmten Schnellschüsse zur Terrorismusbekämpfung
„Jede Woche treibt er eine neue Sau durchs Dorf“, ärgert sich die GAL-Innenexpertin Antje Möller. „Er“ ist Innensenator Udo Nagel. Und dessen neueste „Säue“ heißen Beschränkung der Studiendauer bei Ausländern und Gesetze gegen „Scheinehen“.
Nagel denkt laut darüber nach, „in Einzelfällen“ bei ausländischen Studierenden zu prüfen, „inwieweit jemand seinem Studienziel nachgeht“ und gegebenenfalls die Studiendauer zu beschränken. Unter Verweis auf die seit Jahren an der TU-Harburg eingeschriebenen „Terrorverdächtigen“ Mzoudi und El Motassadeq mutmaßt der Senator, es gehe oft „nur darum, den Aufenthalt so lange wie möglich zu gestalten“. Dasselbe gelte für „Scheinehen“, die einem vor der Abschiebung stehenden Ausländer ein Bleiberecht sichern sollten.
„Blanken Aktionismus ohne dahinter stehendes Konzept und inhaltliche Substanz“ wirft Möller Nagel nun vor. Dessen Vorschläge würden auf öffentliche Wirksamkeit zielen, seien meist aber weder in seiner Behörde noch im Senat abgesprochen. Die Abgeordnete erinnert daran, dass Nagel vor kurzem die verstärkte Videoüberwachung von Kriminalitätsschwerpunkten – etwa der Reeperbahn – gefordert hat. Eine GAL-Anfrage an den Senat hätte dann aber gezeigt, dass in der Innenbehörde „überhaupt keine entsprechenden Konzepte vorgelegen hätten“.
Nicht anders bei den von Nagel und Polizeichef Werner Jantosch ins Gespräch gebrachten Plänen, deutsche Straftäter in der Kriminalstatistik getrennt nach ethnischen Herkünften aufzuführen und damit, so Möller, „in Deutsche erster und zweiter Klasse“ zu unterteilen. Als die GAL den Senat mit diesen Plänen per Anfrage konfrontierte, antwortete dieser nur, er habe sich damit gar „nicht befasst“.
„Die Abschottung der Hochschulen im Namen der Terrorbekämpfung ist eine völlig überzogene Forderung“, kritisiert Möller den neuesten Schnellschuss des Innensenators. Die hochschulpolitische Sprecherin der SPD, Barbara Brüning, warnte davor, „muslimische Studenten unter Generalverdacht zu stellen“. Für ausländische Studierende müssten „die gleichen Regeln gelten wie für deutsche“.
SPD-Innenexperte Andreas Dressel betont in diesem Zusammenhang, dass „gewaltbereite Terroristen und ihre Unterstützer ausgewiesen werden können, unabhängig davon, ob ihre Aufenthaltsgenehmigung auf einem Studium oder auf einer Schein-Ehe beruht“. Dressel: „Die Gesetze sind da, Nagel muss sie nur konsequent anwenden.“
Das gleiche gelte für „Scheinehen“, die durch ein verschärftes Eheschließungsrecht erschwert wurden und strafrechtlich verfolgt werden könnten. Dressel: „Nagel fordert immer neue Gesetze, bevor die bestehenden überhaupt konsequent angewendet werden.“ Marco Carini