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Archiv-Artikel

Schlag in den Rücken der Löscher

Gewerkschaft ver.di warnt: CDU-Sparprogramm und Streichung der „Freien Heilfürsorge“ bei Feuerwehrleuten gefährdet Hamburgs Sicherheit. Personalrat: „Jeder Kollege wird sich überlegen, wie er sich in Zukunft im Einsatz verhält.“

VON KAI VON APPEN

Der Sparpläne des CDU-Senats, die Freie Heilfürsorge für Feuerwehrleute und Polizisten zu streichen, gefährden die Sicherheit und treiben die Stimmung bei den 2.200 Berufslöschern in Richtung Nullpunkt. Darauf weisen die Gewerkschaft ver.di und der Feuerwehr-Personalrat (PR) hin. „Wir haben als Beamte kein Recht zu streiken“, mahnt PR-Chef Werner Lehmann, „aber das ist eine Sauerei. Jeder Kollege wird sich überlegen, wie er sich in Zukunft im Einsatz verhalten wird – zumindest wenn‘s nicht um Menschenleben, sondern um Sachmittel geht.“

Der Feuerwehrberuf ist beschwerlich und risikobehaftet. Daher gewährt der Staat, gewissermaßen als kleinen Anreiz und Gehaltsbestandteil, das Privileg, dass Beamte bei Verletzung oder Erkrankung vollen Anspruch auf Leistungen für ihre Genesung bekommen – zumal es für Feuerwehrleute keine Berufsgenossenschaft gibt, und eine private Krankenversicherung sie wegen des Berufsrisikos nicht aufnehmen würde. „Wenn etwas passiert und alle laufen weg, laufen Feuerwehrleute hin“, verdeutlicht Jürgen Pohl, Fachgruppenleiter bei ver.di. „Wir haben uns per Eid verpflichtet, unter Einsatz unseres Leben für Sicherheit zu sorgen.“ Dabei sei die Heilfürsorge eine „gewisse Beruhigung im Rücken“ gewesen. Wenn dieses Privileg wegfallen sollte oder eine Eigenbeteiligung bei Verletzungen eingeführt werde, könnte der Beruf nicht mehr „sorgenfrei“ ausgeübt werden.

Überhaupt fühlen sich die Feuerwehrleute verraten und verkauft. „Sowie ein Politikwechsel stattfindet, ist die Feuerwehr dran“, beklagt Olaf Reichelt von der Feuerwache Finkenwerder. 200 Stellen sind seit 1998 zunächst von SPD-Innensenator Hartmut Wrocklage, dann unter Ronald Schill abgebaut worden. Die Arbeitszeit ist von 48 auf 50 Stunden verlängert worden, um den Personalabbau zu kompensieren, zuletzt hat Schwarz-Schill Urlaubs- und Weihnachtsgeld gekürzt. „Wir haben immer wieder einen Sparbeitrag erbringen müssen, die Kollegen haben die Schnauze voll“, so Personalrat Lehmann. „Trotz immer weniger Personal sind die Einsatzzahlen gestiegen – so kann eine ‚wachsende Stadt‘ nicht funktionieren.“ Zudem seien die Einsätze auch gefährlicher geworden. „Die Kollegen müssen ins Feuer reingehen, und hatte man es früher nur mit brennenden Holz zu tun, sind es heute gefährliche Kunststoffe.“

Selbst die Fahrten auf den Rettungswagen würden risikoreicher, da die Gewaltbereitschaft gestiegen sei. „Auf mich ist schon drei Mal geschossen worden“, berichtet Dieter Mahnke (45) von der Feuerwache Billstedt. „Und wenn ich im Rettungswagen mit Blaulicht fahre, bin ich immer einem zusätzlichen Risiko ausgesetzt.“ Der nun geplante Schritt, sagt er, hat „nichts mehr mit der Grundlage zu tun, auf der ich angefangen habe“.