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Archiv-Artikel

Der letzte Riesencrash ist 95 Jahre her

Katastrophen im Berliner U-Bahn-Netz sind unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. 2006 soll jeder U-Bahnhof zwei Ausgänge haben

U-Bahn-Fahren ist sicher. Angesichts des gestrigen Katastrophen-Szenarios im neuen U-Bahn-Übungstunnel wollte BVG-Vorstandsmitglied Hans-Heino Dubenkropp noch einmal betonen: „In Deutschland sind U-Bahn-Unglücke bisher immer glimpflich ausgegangen, weil der Sicherheitsstandard so hoch ist.“ Dennoch dürfe eine solche Katastrophe nie passieren. Ganz auszuschließen sind sie nicht – auch wenn das letzte große, betriebsbedingte Unglück 95 Jahre zurückliegt. 1908 war am Gleisdreieck ein Zug in die Flanke eines anderen gerast, der daraufhin von der Hochbahn in den Betriebshof fiel.

Die letzte Beinahekatastrophe liegt jedoch erst drei Jahre zurück. Am Love-Parade-Wochenende 2000 war kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof Deutsche Oper unter dem letzten Wagen einer U-Bahn ein Feuer ausgebrochen. Ursache war ein Kurzschluss. In Panik versuchten die Fahrgäste über die einzige Treppe zu entkommen. Wegen des dichten Qualms erlitten etwa 21 Menschen Rauchvergiftungen, einer brach sich ein Bein.

Da der brennende Zug direkt neben dem Ausgang stehen geblieben war, wurde in einem abschließenden Gutachten damals auch die Tatsache bemängelt, dass der U-Bahnhof Deutsche Oper nur über einen Ausgang verfügt. Seit 1986 existiert eine Vorschrift, wonach neue Bahnhöfe grundsätzlich zwei Ausgänge haben müssen. In Berlin gibt es noch elf Stationen, die nur über einen Seitenausgang verfügen. Fünf werden zurzeit umgebaut.

Nach Angaben der BVG liege man mit den Bauarbeiten im Plan. So sollen die Bahnhöfe Viktoria-Luise-Platz, Innsbrucker Platz, Britz-Süd und Schillingstraße noch in diesem Jahr mit einem zweiten Ausgang versehen werden. Der U-Bahnhof Uhlandstraße soll im kommenden Jahr folgen, Konstanzer Straße und Rudow werden 2005, Theodor-Heuss-Platz und Sophie-Charlotte-Platz aber erst 2006 fertig gestellt.

Grund für die langen Bauzeiten sei der enorme Planungsaufwand und die Abstimmung mit anderen Bauarbeiten. U-Bahn-Betriebsleiter Kurt Beier bat um Verständnis, dass es dabei immer wieder zu Verzögerungen kommen könne. „Der Berliner Baugrund ist voll mit Rohren, Kabeln und Leitungen, die nicht immer genau da liegen, wo sie nach den Plänen liegen sollten“, so Beier.

Im Falle eines Brandes gebe es jedoch bereits jetzt immer einen zweiten Fluchtweg – durch den Tunnel. „Egal wo man sich im Tunnel befindet, spätestens nach 300 Metern gelangt man an einen Bahnhof oder an einen Notausstieg“, sagt Betriebsleiter Beier. JAN ROSENKRANZ