: Basta statt Pasta
betr.: „Kanzler sagt Italien-Urlaub ab, taz vom 10. 7. 03, u.a.
Am besten man lacht über das, was aus Italien tönt, und über das, wie und was unser Kanzler versteht. Lachen verbindet, Basta trennt. Dann soll er halt auf seine Pasta verzichten. Anderswo gibt’s auch eine gute Küche. Aber einen solch unsäglichen Rummel daraus zu machen, ist genau so peinlich, wie das, worüber er sich mokiert. Bestätigt er damit nicht den tatsächlichen Kern der überzogenen und reichlich undiplomatischen Kritik?
Wir wissen doch alle seit Jahrzehnten um unsere deutschen Urlauberhorden im Ausland und wollen damit nie und nimmer identifiziert werden. Meinetwegen soll er nun auf Borkum Sandburgen bauen, darin hat er ja politisch Übung. Aber er soll bitte nicht glauben, nun Deutschland mannhaft verteidigt zu haben. […] Vielleicht hat er aber auch irgendwie und ungelenk von Bush gelernt und schneidet nun seinerseits eine befreundete Nation. Wenn dem so ist, heißt die Pasta bei uns vermutlich bald Basta. Damit es so weit nicht kommt, rate ich ihm als Urlaubslektüre das Märchen vom Rumpelstilzchen.
FRIEDRICH LORENZ, Rain a. Lech
Die Art und Weise, wie sich Herr Berlusconi in den ersten Tagen seiner Europaratsführung dar- und Gott sei Dank! auch bloßstellt, sollte viele deutsche und ausländische Politiker darauf hinweisen, welche Demokratievorstellungen bei Herrn Berlusconi und seinen Parteifreunden vorherrschen. Herrn Stefanis Äußerungen sind einfach dumm – sich daneben verhaltende Touristen gibt es leider überall in der Welt, aus jeder Nation vermutlich, Italiener sollen auch schon auffällig geworden sein.
Der Regierungschef dagegen bedeutet bei seinem Machthunger eine viel größere Gefahr für Italien und Europa, und bei seiner Nähe zu faschistischem Gedankengut ist die Story, die er sich im Europarat gegenüber dem Abgeordneten Schulz geleistet hat, schon erstaunlich. Aber andererseits – wer sonst sollte in der Lage sein, Vergleiche zum Nazisystem zu ziehen, wenn nicht jemand, der dieser Ideologie auch heute noch sehr nahe steht. Die Absage unseres Bundeskanzlers sollte nicht als Beleidigung des italienischen Volkes gesehen werden, sondern als eindeutige Absage an diese rechtsgerichtete Regierung und sollte viele Nachahmer finden! TYNA BAGINSKY, München
Gerhard Schröders Entscheidung, seinen geplanten Italien-Urlaub abzusagen, ist aus dreierlei Gründen falsch. Erstens vermittelt der Bundeskanzler einmal mehr im Ausland das Bild des humorlosen Deutschen. Zum Zweiten „bestraft“ er mit Rimini genau die falsche Stadt. Der Ort zählt seit langer Zeit zu den liberalen Hochburgen der politischen Linken in Italien. Hier läuft die rechtspopulistische Lega Nord seit jeher unter ferner Liefen. Ein rein aus politischen Gründen motiviertes Ausbleiben des Kanzlers dürfte der latent fremdenfeindlichen Bewegung nun erhöhten Zulauf bescheren und auch dort antideutsche Ressentiments erzeugen, wo es sie bisher noch nicht gab.
Was bei der ganzen „Sommerlochdebatte 2003“ dennoch viel schwerer wiegt, ist die innerdeutsche Komponente. Gerhard Schröder mimt das Bild eines führungsschwachen, zu Populismus neigenden Regierungschefs, der seine Richtlinienkompetenz an eine große deutsche Boulevardzeitung „mit vier Buchstaben“ abgetreten hat. Das sollte jeden Demokraten beunruhigen!
RASMUS PH. HELT, Hamburg
Was an der ganzen Geschichte ein wenig verwundert, ist die relative Gelassenheit, mit dem die Bürger auf der Straße z. B. in TV-Interviews auf die „Italien-Krise“ reagieren. Da ist nicht einer, dem wirklich die Galle überkocht. Wie kommt das?
Ist es am Ende so, dass der Normalbürger eh immer schon denkt, dass die anderen das über die Deutschen denken, was Berlusconi denkt, und nun ist es einfach mal raus? Und: Leidet denn der Normalbürger, der meist in Personalunion auch Italienliebhaber ist, nicht schon lange Höllenqualen angesichts des Benehmens anderer Urlauber aus Deutschland? […]
UWE ZIMMER, Berlin
Als Bundeskanzler unseres Landes sollte sich Herr Schröder auf die über vier Millionen Arbeitslosen konzentrieren und ein Vorbild sein, indem er seinen Urlaub in der Heimat verlebt.
Ich bin überzeugt, dass weder er noch seine Ehefrau die deutsche Heimat so gut kennen, dass ihnen ein Urlaub in Deutschland langweilig werden würde. In allen Gebieten gibt es auch Hotels für gehobene Ansprüche und ebensolche Kulturveranstaltungen. Außerdem sollte ihm bewusst sein, dass jeder Flug zu den Klimaveränderungen beiträgt. CHRISTA ROTH, Bochum
Ein bisschen Recht hat er schon, dieser italienische Staatssekretär, der uns diesmal das Sommerloch füllt. Kaum sagt jemand mal die Wahrheit über uns, dann schmollt der zart besaitete Teutone und zieht Leine, die ja bekanntlich mit ihren herrlichen Sandstränden mitten durch das Urlaubsparadies H läuft. Zwar gibt es „Man spricht Deutsch“ mittlerweile in jeder Videothek aber die tiefe Wahrheit – sofern überhaupt erkannt – soll in der Hosenträgerrepublik kaserniert bleiben. Wir lachen nämlich nur über unsere eigenen Witze! […]
Ein bisschen Unrecht hat er natürlich auch, dieser italienische Staatssekretär: Wer aus reiner Geldgier nichts Besseres zu tun hat, als einen Grappa gegen Jägermeister, einen Pinot Grigio gegen Holsten vom Fass, Pasta gegen Pommes, und „O sole mio“ gegen „Ein Bett im Kornfeld“ zu verhökern, der darf sich nach diesem gigantischen Ausverkauf eigenständiger Kultur nicht wundern, wenn die Geister auch kommen, die man damit rief. Er hat bei seiner Aufzählung aller wirklich schlimmen, aber wahren allemannischen Eigenschaften nur die gute übersehen: Der Michel bleibt seinen Würtschen und Haxen vom Grill, seinem Sauerkraut mit blonden Knödeln und seiner bierseligen Dröhnerei auch dann noch teutonisch treu ergeben, wenn es dazu echte Alternativen geben würde. Na bitte: Loyalität ist auch ein Wert an sich!
ULF DRESSLER, Wede
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