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Archiv-Artikel

Ladenschluss bleibt

Karlsruhe lehnt Verfassungsbeschwerde der Kaufhof AG ab. Patt der Richter. Einigkeit beim Schutz des Sonntags

KARLSRUHE taz ■ Das Ladenschlussgesetz ist noch einmal gerettet. Mit vier zu vier Richterstimmen lehnte das Bundesverfassungsgericht eine Klage der Kaufhof AG ab, die das Gesetz juristisch zu Fall bringen wollte.

Kaufhof-Chef Lovro Mandac will seine Kaufhäuser künftig bis in den späten Abend und auch am Sonntag öffnen. Beides verbietet bisher das Ladenschlussgesetz. Deshalb klagte der Konzern in Karlsruhe. Die staatliche Gängelung stelle einen unzumutbaren Eingriff in die Berufsfreiheit seines Unternehmens dar. Außerdem sei der Anspruch auf Gleichbehandlung verletzt, weil Tankstellen und Bahnhofshändler rund um die Uhr ihre Waren anbieten können.

Fast wäre Kaufhof damit in Karlsruhe durchgekommen. Immerhin vier Richter des Ersten Senats, darunter Präsident Hans-Jürgen Papier, wollten den Ladenschluss zumindest an Werktagen freigeben. Das Gesetz sehe inzwischen so viele Ausnahmen vor, dass es nicht mehr konsequent sei. Doch bei Stimmengleichheit ist eine Verfassungsklage abgelehnt. Die vier übrigen Richter – interessanterweise zwei Linke und zwei Rechte – hielten das Ladenschlussgesetz nach wie vor für zulässig. Der Eingriff in die Grundrechte der Ladeninhaber sei durch das Ziel gerechtfertigt, ungünstige Arbeitszeiten der Beschäftigten zu vermeiden. Die Ausnahmen für Tankstellen, Bahnhöfe, Bäcker, Blumen- und andere Händler dürften nicht überschätzt werden, sie beträfen insgesamt weniger als fünf Prozent der Beschäftigten im Einzelhandel.

Einig waren sich die Richter beim Verkaufsverbot an Sonn- und Feiertagen. Einstimmig hielten sie diese Beschränkung für verfassungskonform. Der Sonntag sei als „Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erbauung“ im Grundgesetz geschützt.

Der Berliner Tagesspiegel hatte gemeldet, das Verfassungsgericht wolle die Ladenschluss-Regelung den Ländern überlassen. Tatsächlich entschied Karlsruhe nun, dass der Bund auch weiterhin für den Ladenschluss zuständig ist. Seit 1994 gilt im Grundgesetz zwar eine länderfreundliche Kompetenzregelung, diese kam hier aber nicht zur Anwendung, weil sie nur für neue Gesetze gilt.

Auch wenn der juristische Vorstoß der Kaufhof AG damit gescheitert ist, dürfte die politische Diskussion weitergehen. Denn verboten hat Karlsruhe eine Liberalisierung keineswegs. Ausnahme: „Ein Kernbereich an Sonn- und Feiertagsruhe ist unantastbar“, heißt es im Urteil. Möglich ist auch, dass der Bund von sich aus auf die Regelung des Ladenschlusses verzichtet und so den Ländern das Feld überlässt. Wirtschaftsminister Clement (SPD) hatte dies angekündigt. Zahlreiche Landesregierungen erklärten daraufhin, dass sie liberalere Regeln als heute schaffen würden. CHRISTIAN RATH