: Der Trick mit der „Revisionsklausel“
Das Arbeitslosengeld II kommt wahrscheinlich doch am 1. Januar. Wirtschaftsminister Clement einigte sich mit den Kommunen, dass er zum Teil die Unterkunftskosten für die Langzeitarbeitslosen zahlt. Jedenfalls abstrakt. Reales Geld fließt später
AUS BERLIN ULRIKE HERRMANN UND BARBARA DRIBBUSCH
Nun scheint es Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) doch noch gelungen zu sein, einen massiven Prestigeverlust zu vermeiden: Er hat sich mit den Kommunen weitgehend geeinigt, wie die Lasten für die zusammengelegte Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu verteilen sind. Damit wird wieder wahrscheinlicher, dass das Arbeitslosengeld II am 1. Januar 2005 startet.
Die Städte und Gemeinden hatten schon das absolute Finanzdesaster auf sich zurollen sehen: Laut Gesetz sind sie verpflichtet, die Unterkunftskosten für die ehemaligen Arbeitslosenhilfeempfänger zu übernehmen. Der Deutsche Städtetag errechnete eine Mehrbelastung von knapp fünf Milliarden Euro.
Nun hat Wirtschaftsminister Clement zugesagt, den Kommunen ab dem Jahr 2005 rund 1,8 Milliarden Euro für die Unterkunftskosten zu überweisen. Das sei jedoch noch viel zu niedrig, erklärte Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund der taz. Schließlich fehlen immer noch drei Milliarden Euro, um die Finanzlücke auszugleichen.
Wichtiger ist den Kommunen daher die „Revisionsklausel“, die Clement jetzt in das Gesetz einbauen will. Im März und im Oktober 2005 soll genau erhoben werden, wie teuer die Langzeitarbeitslosen für die Kommunen tatsächlich sind. Entsprechend will Clement dann nachschießen.
Kommt das Arbeitslosengeld II pünktlich zum Januar, gewähren die Kommunen dem Bund also für die ersten Monate eine Art zinslosen Kredit. Andererseits sichert ihnen die „Revisionsklausel“ eine entsprechende Finanzierung des Bundes verbindlich zu – nur wie genau, das steht nicht im Gesetz. Der Kompromiss muss vom Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag abgesegnet werden, der sich am nächsten Donnerstag trifft.
Die Kommunen drohten gestern mit einer Verfassungsbeschwerde, sollten sie mittelfristig nicht an ihr Geld kommen. Auch an einen Boykott ist dann gedacht: Die Kommunen würden sich weigern, weiterhin die Langzeitarbeitslosen zu betreuen.
Für die jetzigen Arbeitslosenhilfeempfänger wird sich durch die Einigung jedoch nichts ändern. Sie dürfen mit Beginn des Arbeitslosengeldes II nur noch „angemessenen“ Wohnraum haben. Als „angemessen“ gelten für einen Alleinstehenden Wohnungen mit einer Größe von 45 Quadratmetern, die Miete darf in Ballungsgebieten meist 300 Euro nicht übersteigen. Im Klartext bedeutet dies, dass die Arbeitsagenturen zwar fürs Erste die Miete übernehmen müssen, dann aber auf die Joblosen Druck ausüben können, in billigere Wohnungen umzuziehen.