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Archiv-Artikel

Urteile gegen Schülerquäler

Im Hildesheimer Prozess wegen Misshandlung eines Berufsschülers haben die Richter gestern geurteilt: Drei Haupttäter müssen ihre Haftstrafen antreten

HILDESHEIM taz ■ Mit neun Verurteilungen, die von gemeinnütziger Arbeit bis zur Jugendstrafen ohne Bewährung reichen, hat das Landgericht Hildesheim gestern die monatelangen Misshandlungen eines Berufsschülers durch seine Klassenkameraden geahndet. Vor Gericht ging es anfangs um elf Angeklagte und um 26 Einzeltaten, bei denen der 17-Jährige geschlagen, getreten, auch sexuell gedemütigt und bestohlen wurde. Der Vorsitzende der Jugendkammer, Konrad Umbach, machte aus dem nichtöffentlichen, aber von großem Medieninteresse begleiteten Verfahren einen viertägigen, kurzen Prozess. Auch für seine neun Schuldsprüche und ihre Begründungen brauchte er nur 35 Minuten. Die Strafen wurden kurz nach ihrer Verkündung rechtskräftig. Ihre Höhe richtete sich nach der Zahl der Einzeltaten und der Intensität, mit der sich die allesamt geständigen Angeklagten beteiligt hatten.

Die drei Haupttäter, von denen einer 15 Taten einräumte, erhielten erwartungsgemäß Jugendstrafen ohne Bewährung – zwischen 15 und 18 Monaten. Verbüßen sollen sie sie in einer offenen Jugendanstalt bei Göttingen. Drei weitere Angeklagte erhielten Bewährungsstrafen von einem Jahr, neun Monaten und durch einen Schuldspruch ohne Strafmaß. Zudem müssen sie je 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, einen Erste-Hilfe-Kurs und eine Antigewaltmaßnahme absolvieren. Zwei Jugendliche erhielten zwei Wochen Dauerarrest. Der neunte Angeklagte, der sich lediglich an zwei Quälereien beteiligte, muss 80 Stunden gemeinnützig arbeiten.

Auf dem Fahrplan des kurzen Prozesses – Geständnisse, keine weitere Beweisaufnahme, keine Aussage des 17-Jährigen zu den Taten – und auch auf den Strafrahmen hatten sich Anklage, Verteidigung und Gericht schon in stundenlangen Rechtsgesprächen am ersten Prozesstag verständigt. Obwohl das Jugendstrafrecht keine generalpräventiven, abschreckenden Urteile zulässt, wollte die Hildesheimer Staatsanwaltschaft mit dem Prozess auch ein Zeichen setzen. Man habe das Verfahren bewusst in einer Art geführt, „dass jeder wissen konnte, dass die Justiz ihren Beitrag zur Bekämpfung der Jugendgewalt leistet“, so Oberstaatsanwalt Albrecht Stange.

JÜRGEN VOGES