: Kein D-Day ohne Russland
betr.: „D-Day – Vor 60 Jahren begann die Befreiung Europas vom Faschismus“, taz vom 5. 6. 04
Die Befreiung Europas vom Faschismus begann nicht mit der Invasion der Alliierten in der Normandie, sondern mit der durch die sowjetische Armee gewonnenen Schlacht um Stalingrad. Dies war der erste und wichtigste Wendepunkt des Zweiten Weltkrieges, auch psychisch und symbolisch nicht unbedeutend, weil die bisherige Überlegenheit der deutschen Wehrmacht hier die ersten „Kratzer“ bekam. Oder zählt es nicht, dass die Russen ihre eigene Heimat von dem Faschismus befreit haben, wenn auch unter den Bedingungen der stalinistischen Diktatur? Oder liegt Russland nicht in Europa?
Die Wahrheit ist, wenn sie uns auch nicht gefallen muss, dass die Russen die Last des Krieges in Europa lange allein getragen und die meisten Opfer gebracht haben. Die Westfront wurde recht spät eröffnet, als der Ausgang des Krieges sich schon abzeichnete. Nicht zuletzt setzte die Wehrmacht den Alliierten, bis auf die Ausnahme der Ardennen-Schlacht, nicht einen so zähen Widerstand entgegen wie an der Ostfront. Sind die Millionen gefallener Russen etwa weniger wert als die gefallenen Amerikaner, Engländer und Franzosen, nur weil die ersten in einer Diktatur und die anderen in einer Demokratie lebten?
Ich finde den Titel einfach unverschämt, verletzend und vor allem unwahr. ALENA WAGNEROVÁ, Saarbrücken
„D-Day – vor 60 Jahren begann die Befreiung Europas vom Faschismus“ – wirklich? War da vielleicht noch was? Etwas anderes zwischen dem 1. September 1939 und jenem Tag im Juni 1944, als die Westalliierten – endlich – die zweite Front eröffneten? Nachdem sie jahrelang gezögert und die ganze zerstörerische Last deutscher Besatzung den Völkern der okkupierten Länder überlassen hatten? Nachdem drei Jahre lang sowjetische Soldaten ihr eigenes Land schon weitgehend wieder befreit und unter riesigen eigenen Verlusten die deutsche Armee erheblich geschwächt hatten?
CARSTEN GRÖTZINGER, Berlin
Heute habe ich mich ein bisschen über eure Schlagzeile geärgert. Spätestens seit dem 2. Februar 1943 (Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad) befanden sich faschistische Truppen in einem großen Teil Europas auf dem Rückzug. Drei Jahre lang (von Juni 1941 bis Juni 1944) trug die Sowjetunion allein die Hauptlast im Kampf gegen den Faschismus in Europa. Ich habe großen Respekt vor den Leistungen der alliierten Truppen und will ihren Beitrag bei der Befreiung Europas keinesfalls schmälern, aber 22 Millionen tote Sowjetbürger sollten wir auch am D-Day nicht vergessen.
Trotzdem: Macht weiter so!
VOLKER MÖRBITZ, Monterey, Kalifornien/USA
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