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Archiv-Artikel

Einblick (7)

Monica BonviciniKünstlerin

taz: Seit wann und warum leben Sie in Berlin?

Monica Bonvicini: Seit 1986. Ich war jung und abenteuerlustig. Ich habe hier einen Bekannten besucht, bekam gleich ein WG-Zimmer und einen Job in der Küche des Baghwan-Restaurants an der Knesebeckstraße. Bei meiner ersten HdK-Bewerbung sagte man mir, meine Mappe wäre eine von den zwanzig schlimmsten … Das Ende der 80er-Jahre, das ich in Berlin erlebt habe, war sehr lustig. Aus dieser Zeit habe ich die schönsten Erinnerungen, man konnte damals für 10 Mark nach Prag und zurück fahren … Ich hatte aber eigentlich nie vor, so lange in Berlin zu bleiben. Ich fand die Stadt wahnsinnig hässlich und grau. Ich bin eben hier hängen geblieben, wie so viele auch. Den Fall der Mauer habe ich mit wenig Begeisterung erlebt. Als ich 92 aus den USA zurückgekommen bin, kriegte ich ein Studio in den KunstWerken, wo ich mich wie Dostojewskis Idiot gefühlt habe, so kaputt und verfallen waren das Gebäude und Mitte …

Wie wichtig ist der Standort Berlin für Ihre Arbeit?

Das frage ich mich selbst auch seit mehreren Jahren.

Woran arbeiten Sie gerade?

Ich bereite Einzelausstellungen für Tramway, Glasgow, und die Wiener Secession vor. Außerdem arbeite ich an einer Treppe für die Biennale in Istanbul, einer öffentlichen Toilette in London und an einem S/M-Raum für Athen.

Was wundert Sie in der Berliner Kulturlandschaft am meisten?

Der Mangel an Enthusiasmus und Unterstützung für die vielen in Berlin lebenden Künstler von Seiten der Museen. Berlin bezieht seinen aktuellen Erfolg in der internationalen Szene aus den Leute, deren Arbeiten selten in Berlin zu sehen sind. Ich empfinde es als stumpfe und kurzsichtige Kulturpolitik, die nicht die sehr positive und konstruktive Ausgangslage der Stadt einsieht, anerkennt und nutzt. Die Berliner Museen verpassen nicht nur die Möglichkeit, am aktuellen Geschehen teilzunehmen, sondern auch die daraus folgenden Anknüpfungen an die international geführten Kunstdebatten und an alles, was damit verbunden ist. Die große Anzahl von Galerien in Berlin ist wahrscheinlich eine Antwort darauf. Andererseits können Galerien nie die Rolle von Museen übernehmen. Abgesehen davon, dass es mir unklar ist, wie gerade die vielen kleinen Galerien hier überleben können, bin ich der Meinung, dass das Ausstellen in Galerien eine produktionsorientierte Kunst fördert, die letztendlich nur konservativ sein kann.