: Halt die Luft an!
Bremens Luft muss sauberer werden, so viel ist sicher. Weniger Autos, verlangen Anwohner. Straßenplaner schlagen vor: mehr Straßen
Was sind schon 52 Mikrogramm NOx pro Kubikmeter Luft? Es ist die Menge an giftigen Stickoxiden (NOx), welche die EU im Jahresmittel an innerstädtischen Straßen erlaubt. Stickoxide kommen vor allem aus dem Auspuff, an zwei Messpunkten in Bremen ist der EU-Grenzwert bereits erreicht oder gar überschritten: An der Kreuzung Langemarck-Straße/Neuenlander Straße und an der Kreuzung Bismarckstraße/Schwachhauser Heerstraße. Gemessen wird schnell, alle zehn Sekunden ein Messwert. Bei Maßnahmen gegen den Dreck in der Luft geht es nicht so schnell.
Dabei ist unumstritten, dass Stickoxide gefährlich sind: Sie greifen die Schleimhäute der Atemwege an. Ein Teil des eingeatmeten Stickstoffdioxids wird in der Lunge absorbiert und gelangt als giftiges Nitrit ins Blut. Stickoxide spielen eine zentrale Rolle bei der Bildung von Ozon in der unteren Atmosphäre und fördern die Entstehung des sauren Regens, der Boden und Fassaden zu schaffen macht.
Die EU zwingt jetzt zum Handeln: In diesem Jahr sind noch 52 Mikrogramm pro Kubikmeter Stadtluft erlaubt, in 2005 nur noch 50. Und so weiter. Bis 2010 sollen so maximal noch 40 Mikrogramm erreicht ist.
Wenn eine Kommune Überschreitungen feststellt, muss sie einen „Luftreinhalteplan“ vorlegen. Gegen Verkehrs-Planungen, die diese Grenzwerte zu überschreiten drohen, können BürgerInnen vor Gericht ziehen.
Für verkehrspolitischen Streit sorgt in Bremen vor allem der Abgasmief an der Bismarckstraßen-Kreuzung. Aus dem ziehen Straßenbauer und Anwohner nämlich unterschiedliche Schlüsse. Breitere Straßen bringen weniger Stau und also bessere Luft, argumentieren etwa die Befürworter einer vierspurigen Schwachhauser Heerstraße. „Da kommt zuviel Verkehr an“, sagt dagegen Viertel-Ortsamtsleiter Robert Bücking. 25.000 Fahrzeuge aus der Schwachhauser Heerstraße und 23.000 aus der Bismarckstraße jeden Tag seien schlicht zu viel. Ein attraktives innerstädtisches Wohnen ist damit nicht zu machen.
„Stadtreparatur und Umweltschutz verlangen eine deutliche Reduzierung des KFZ-Verkehrs an dieser Stelle, dann klappt’s auch ohne Stau“, sagt die Grünen-Sprecherin im Beirat Mitte, Monika Heuß.
Die Umwelt-Auflagen dürften aber nicht dazu führen, dass Lärmschutzwände wie an der Georg-Bitter-Trasse die Stadt zerschneiden oder dass Löcher in den Häuserzeilen gelassen würden, „damit der Dreck in die Gärten abziehen kann“, fordert Bücking. Für ihn gibt es nur eine Lösung: Die Autoverkehrsbelastung der Kreuzung muss um 20 Prozent sinken, jedes fünfte Auto weg bleiben. Der Weg über die Stadtrand-Autobahn muss schneller sein als der Weg quer durch die Stadt. K. Wolschner