: Deutsche Provinz
Konkurrenz in Lateinamerika macht es der Deutschen Welle schwer – vor allem wegen ihres politischen Auftrags
Mit wenig Mitteln versucht die Deutsche Welle (DW) Deutschland in der Welt bekannt zu machen. Doch die Übermacht der Konkurrenz ist groß. Über Kabel ist in Lateinamerika auch das spanischsprachige Programm von CNN zu empfangen. Im Gegensatz zur DW ist CNN ein Lateinamerikaprogramm mit zahlreichen Studios und festen freien Mitarbeitern in allen Ländern des Kontinents. CNN auf Spanisch ist bislang der einzige länderübergreifende Nachrichtenkanal auf Spanisch in Lateinamerika. Auch die Konkurrenz von NBC Telemundo kann da kaum mithalten. Der Rest sendet in den Sprachen des Mutterlandes. Die BBC aus Großbritannien und TV 5 aus Frankreich.
Aber hier gibt es ein konzeptionelles Problem. Die BBC sendet Weltnachrichten in einer Weltsprache. Einzig TV 5 stellt sich auf sein lateinamerikanisches Publikum ein und spielt Dokumentationen und Reportagen über den amerikanischen Kontinent ab, egal ob darin Franzosen vorkommen oder nicht. Die Deutsche Welle hingegen wirkt auch im spanischen Programm wie ein Provinzsender aus Deutschland. Da werden Bilder vom Freundschaftsspiel Deutschlands gegen Ungarn gezeigt, während Argentinien, Paragauy, Chile, Bolivien und Venezuela Spiele zur WM-Qualifikation 2006 austragen.
Da ist es schon verwunderlich, dass Erik Bettermanns Verteidigung der Einstellung des spanischsprachigen Fernsehprogramms so für Empörung sorgte. Lateinamerika als Zielpublikum sei „nicht mehr von strategischer Bedeutung“, sagte der DW-Intendant. Zuletzt beschwerte sich der argentinische Parlamentsabgeordnete Mario Negri, dass eine Schließung den historisch guten Beziehungen zwischen Deutschland und Argentinien widerspräche. Der mexikanische Präsident Vicente Fox hatte gar Bundeskanzler Gerhard Schröder bei dessen Besuch in Mexiko darauf angesprochen. „Wir können es nicht erlauben, dass eine wichtige Brücke in den Beziehungen zwischen Europa, Deutschland und Lateinamerika eingerissen wird“, sagte Fox. Schröder blieb diplomatisch: „Es ist noch nicht das letzte Wort gesprochen.“
Doch die DW muss sparen. In diesem und im nächsten Jahr muss sie 4,5 Millionen Euro kürzen. Das spanischsprachige Programm schlägt jährlich mit 1,3 Millionen Euro zu Buche. Etwa 40 meist freie Mitarbeiter wären von den Einsparungen betroffen. Deutschtümelei in Lateinamerika wirkt da tatsächlich verzichtbar. Leider ist sie der Deutschen Welle per Programmauftrag vorgegeben. Und für den ist Bundeskanzler Schröder verantwortlich.
INGO MALCHER