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Archiv-Artikel

Palästinenser beenden Konflikt

Arafat und Abbas einigen sich auf eine Gesprächsstrategie gegenüber Israel. Streitpunkt war die Blockade des Palästinenserpräsidenten. Scharon insistiert auf dem Abbruch der Kontakte zu Arafat und holt sich in London eine Abfuhr

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Der seit einer Woche andauernde Kompetenzstreit in der palästinensischen Führung ist beigelegt. Palästinenserpräsident Jassir Arafat und Premierminister Machmud Abbas (Abu Masen) einigten sich nach Vermittlung führender Minister darauf, dass Abu Masen gegenüber Israels Premierminister Ariel Scharon stärker auf ein Ende des praktisch seit 18 Monate bestehenden Hausarrests von Arafat drängen wird. Informationsminister Nabil Amr soll künftig Verbindungsmann zwischen den beiden palästinensischen Spitzenpolitikern sein. Gestern beriet der ägyptische Geheimdienstchef Omar Suleiman erneut mit der palästinensischen Führung über den internationalen Friedensplan „Roadmap“, darunter mögliche Kompromisse hinsichtlich der umstrittenen Amnestie für die palästinensischen Häftlinge.

An den Kompetenzen von Premierminister Abu Masen wird sich zunächst nichts ändern, allerdings behält sich Arafat in seiner Funktion als PLO-Chef das letzte Wort bei den Verhandlungen vor. Nach Beilegung des Streits zog Abu Masen seinen Rücktritt aus dem Fatah-Zentralkomitee zurück, von dem er wegen seines Verhandlungsstils schwer kritisiert wurde. Abu Masen, der zudem seinen Rücktritt als Regierungschef erwogen hatte, falls seine Kompetenzen weiter in Frage gestellt werden, sagte aufgrund der Krise mehrere geplante Gespräche mit Scharon ab. Das nächste Treffen wird vermutlich Anfang kommender Woche stattfinden.

Der israelische Premierminister bekam unterdessen eine klare Absage von der britischen Regierung, als er den Abbruch aller Kontakte zu Arafat forderte. Außenminister Jack Straw erklärte Berichten zufolge, dass man den von seinem Volk gewählten Präsidenten nicht boykottieren könne. Nach Vorstellung der israelischen Regierung sollen sich die europäischen Staaten verstärkt am Aufbau des Sozialwesens in den Palästinensergebieten beteiligen. Damit könnte Hamas die Unterstützung bei ihren Landsleuten entzogen werden, sagte ein Regierungsmitarbeiter nach dem Treffen Scharons mit dem britischen Premier Tony Blair.

Scharon verurteilte gestern das Messerattentat in der Nacht zum Dienstag, bei dem ein 24-jähriger Israeli starb. Das sei ein Indiz dafür, dass die palästinensische Führung nicht ausreichend gegen den Terror vorgehe. Ersten Ermittlungen zufolge gehört der Täter den militanten Fatah-nahen Al-Aqsa-Brigaden an. Die Fatah streitet indes jede Verbindung zu dem Mann ab. Informationsminister Amr betonte, dass der seit Ende Juni bestehende Waffenstillstand unverändert fortbestehe.

Israels Außenminister Silvan Schalom äußerte infolge des Mordanschlags gegenüber dem Militärradio seine Sorge, dass die „Terroraktivitäten wieder aufgenommen werden könnten“. Schalom räumte indes ein, dass die Autonomiebehörde stärker gegen die antiisraelische Hetze vorginge. Bereits am Vortag hatte die israelische Armee auf der Suche nach dem vier Tage zuvor entführten Taxifahrer Eliahu Gorel Teile der Stadt Ramallah unter Ausgangssperre gestellt. Der palästinensische Präventive Sicherheitsdienst schloss sich der Suche nach dem Vermissten an. Palästinensische Häftlinge riefen zur sofortigen Freilassung Gorels auf, der, so die Vermutung, als Geisel genommen wurde, um eine Amnestie der Gefangenen zu erpressen.